Ein Porsche im Hochfirst, oder: Es könnte auch ganz anders sein…

Jaja. Was die immer so alles reden. Von wegen ein Auto ist nur Mittel zum Zweck. Und eigentlich ist es auch ganz egal, wenn das Auto einen Kratzer hat. Richten lassen wir das sicher nicht. Schließlich ist es ja nur ein Auto und nicht mehr. Geld dafür auszugeben ist rausgeschmissenes Geld. Belauscht einfach mal Intellektuelle oder solche, die sich dafür halten. Solche oder ähnliche Gespräche werden euch garantiert unterkommen. Damit soll dann wohl eine Verachtung gegenüber all den weltlichen, materiellen Dingen ausgedrückt werden. Wer braucht schon ein Auto, wenn der eigene Geschmack, die Plattensammlung und das Buchregal passen? Aber eigentlich ist alles viel komplexer. Und hat sehr viel mit dem Hotel Hochfirst zu tun.

Bin ich eigentlich ein Intellektueller? Sagt man das überhaupt über sich selbst? Für mich ist die Zuschreibung Intellektueller eigentlich kein Qualitätsmerkmal. Und sagt nichts über die Klugheit oder den Bildungsgrad eines Menschen aus. Vielmehr lässt sich das alles mit der Funktion fassen. Ein Intellektueller ist jemand, der sich über Themen unterhält, die gemeinhin der intellektuellen Sphäre zugeordnet werden: Er interessiert sich für Kunst, Musik und sonst noch so einiges und versucht auch diese ganzen Phänomen einigermaßen geschickt diskursiv zu fassen und zu verhandeln. Folglich geht es in Gesprächen unter „Intellektuellen“ oft auch um soziale und kulturelle Dinge.

Ein Porsche im Hochfirst, oder: Vielleicht nicht doch ein wenig Luxus?

Ganz nach dem Motto, dass sich „niedrige“ Menschen über andere Menschen, ein wenig besser gebildete über Ereignisse und Veranstaltung und gebildete Menschen über Ideen unterhalte laufen solche Gespräche meist ab. Ich sage es mal so, ganz aus der eigenen Erfahrung: Gespräche über Autos haben da nur selten Platz. Vielleicht gerade noch die Analyse, welches semiotische Zeichen ein Porsche darstellt und was der Besitzer aus soziologischer Sicht dem Betrachter sagen möchte. Ganz klar ist dabei eines: Ein Porsche steht für Distinktion. Aber nicht in symbolischer, sondern ganz handfest in faktischer Hinsicht: Wer einen Porsche fährt, der hat zumindest ein paar Euro auf dem Bankkonto und der kann es sich leisten, ein solches Auto zu fahren.

Warum ich euch das alles überhaupt erzähle? Nun, eigentlich ganz einfach: Kürzlich hat mich ein Freund, der sich zum Glück nicht der Spezies der Intellektuellen zugehörig fühlt, darauf hingewiesen, dass das Hotel Hochfirst, das ich ja selbst auch sehr schätze, ein Porsche Partner Hotel ist. Und zwar nicht irgendeines, sondern das einzige in ganz Österreich. Was das jetzt konkret heißt? Nun, zum Beispiel das: Ich kann ein sogenanntes „Luxury Test Driving Package“ in Anspruch nehmen, mir dabei außer einer Probefahrt mit dem Porsche Panamera auch eine Entspannungsmassage gönnen.

Er erwischte mich genau an meinem wunden Punkt indem er mir sagte: Und ihr Intellektuelle lasst euch das alles entgehen weil ihr glaubt, die neueste Aufnahme von Patricia Kopatchinskaja ist irgendwie genau so toll und befriedigend wie das Gefühl, mit einem Porsche Panamera durch die Gegend zu fahren, sich danach eine Massage zu gönnen und dann auch noch bei Patrick Raaß zu Abend zu essen. Weltverachtung und Vorherrschaft der geistige Dinge schön und gut, aber: Ist das nicht eher schon blöd und masochistisch, wenn man nur in verrauschten Lokalen sitzt, billiges Bier und schlechten Wien trinkt und dabei über Themen redet, die niemanden interessieren außer einen selbst?

Außerdem, so argumentierte er, ist Luxus doch auch eine äußerst diffizile und letztlich auch intellektuelle Angelegenheit. Ist es nicht schließlich so, dass, wenn ein Porsche an uns vorbeifährt, wir davon träumen, wie es auch noch sein könnte? Wie es sein könnte, wenn wir ein gänzlich anderes Leben führen würden? Indem wir ins Hochfirst fahren, einen Porsche Probefahren und das ganze Luxusleben für einige Tage ausprobieren wird uns bewusst, dass unsere Leben nicht notwendigerweise so ist, wie es eben ist.

Es könnte auch ganz anders sein. Wir könnten in der Lage sein, uns einen solchen Urlaub öfter als nur einmal im Jahr leisten zu können. Wir könnten neue Geschäftsideen haben, für die sich mehr Leute interessieren und uns damit auch ein anderes Leben ermöglich. Letztlich ist das alles ein zutiefst philosophisches Unterfangen: Wir werden uns der Zufälligkeit unseres Lebens bewusst und beginne damit, nach Alternativen, anderen Denkweisen und anderen Handlungen zu suchen, die es uns ermöglichen, aus unserem Leben zu entfliehen. Wir beginnen die Bedingungen und die Konstrukte, die unser Leben zu dem machen, was es eben ist, zu hinterfragen, nach zu ordnen, neu zu denken. Und das alles nur wegen dem Hochfirst, einem Porsche und ein bisschen Luxus.

Jetzt mal ernsthaft gefragt: Welche philosophische Idee hat das in dieser Radikalität mit solch einfachen Mitteln bisher in der Kulturgeschichte schon geleistet?

Ich muss gestehen: Er hatte Recht. Zumindest klangen seine Argumente sehr plausibel. Und ich hatte abermals Lust bekommen, ins Hochfirst nach Obergurgl zu fahren. Und mir das ganze Package zu gönnen. Mit Porsche, Massage, Luxus und so…

Ein Porsche im Hochfirst, oder: Es könnte auch ganz anders sein…
5 (100%) 3 votes

Von in Tirol