Winteropening in Obergurgl-Hochgurgl: Nicht schon wieder Winter!

Jetzt mal ehrlich: Was war das bitte für ein Sommer? Wer nicht das nötige Kleingeld oder auch aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund nicht Lust darauf hatte in ein fernes warmes Land zu fliegen, in welchem der Sommer noch Sommer ist, der wurde in diesem Sommer bestraft. Open-Air Kino in Innsbruck fiel kurzerhand fast jeden Tag ins Wasser und fand dennoch statt – für diejenigen, die sich als regenfest bezeichneten. Schwimmen-Gehen im Sommer: Für Menschen mit wenig Tagesfreizeit, die eben mal ein kurzes Zeitfenster des Sonnenscheins nutzen können, absolute Fehlanzeige. Und jetzt wird schon wieder zum Winteropening hier und dort geladen. Auch in Obergurgl-Hochgurgl. Es ist zum Verzweifeln und ich überlege mir ernsthaft auszuwandern.

Wenn ich von der Vielzahl an der Winteropenings lese, die berufsbedingt immer wieder in meinen Mail-Posteingang landen, muss ich an einen Ausspruch in „Apocalyse Now“ denken: „The Horror, the horror“. Das Grauen hat einen Namen: Winteropenings. Absolut austauschbar, musikalisch meist mit eher seichten Popstars auftrumpfend und eigentlich im Grunde eh nur eine Halli-Galli-Drecksau-Party. Vielleicht liegt es an meinem leicht fortgeschrittenen Alter. Vielleicht aber auch daran, dass ich nie für die große Sause zu haben war und mir zu laute Musik und Ballermann-Gedröhne eher Kopfweh verursacht als in Partylaune versetzt.

Ich weiß schon: Das ist ein eher vernichtendes Urteil in Bezug auf die Winteropenings, das in der Realität vielleicht nicht immer zu halten ist. Dennoch sind mir Winteropenings ein Gräuel. Das Schlimmste wäre nämlich für mich vor allem, wenn meine Urteile, die zum Teil auch auf Vorurteilen basieren, sich nach einem Besuch des Winteropenings in Obergurgl-Hochgurgl in Luft auflösten. Die schöne, sichere Komfortzone wäre dann ein für alle Mal beim Teufel. Und ich müsste von Winteropening zu Winteropening hetzen um mit allen Winteropenings in Tirol überhaupt noch mitzukommen. Für mich keine schöne Vorstellung.

Winteropening in Obergurgl-Hochgurgl: Immerhin ein paar Alleinstellungsmerkmale

Jetzt wo die Einladung zum Winteropening in Obergurgl-Hochgurgl aber schon mal so penetrant in meinem Posteingang lag gab ich dieser Einladung doch einfach mal eine Chance. Bald bemerkte ich, dass sich da immerhin ein Alleinstellungsmerkmal befand, das dieses Winteropening in Obergurgl-Hochgurgl von den anderen Winteropenings unterschied: Es handelte sich, laut Selbstbeschreibung, um das höchste Opening der Alpen. Klang schon mal was nach was.

Auch der Umfang des Programmes war jetzt auf den ersten Blick mal nicht von schlechten Eltern: Vom 13 – 23 November gab es in Obergurgl-Hochgurgl allerlei Musik, die auf den ersten Blick mal gar nicht so einfallslos aussah wie es sonst oft der Fall war. Die großen Weltstars fehlten –zum Glück! Ich hatte eigentlich überhaupt keine Lust mir einen weinerlichen James Blunt anzuhören, bei dem die Frauen reihenweise in Ohnmacht fielen. Lieber gute, einfach Partymusik. Winteropening auf die Essenz reduziert: Party. Take it or leave ist.

Nichts ist schlimmer als wenn ein Event etwas sein will, was er eben nicht will. Ein Winteropening ist eine, mehr oder weniger, niveauvolle Party, bei der es nicht um Kunst und um Anspruch geht, sondern um Feiern. Darum, den Winter zu begrüßen. Wenn das Leute tun möchten, dann sollen sie das tun. Ich werde mich wohl eher zu diesem Zeitpunkt noch ein wenig in guter, wohliger Melancholie suhlen und dem Sommer nachtrauern.

Während in der einen oder anderen Apré-Ski-Hütte vielleicht dann „Hölle, Hölle, Hölle“ gegrölt wird erlebe ich in meinen eigenen vier Wänden meine ganz eigene kleine Hölle, garniert mit ein paar Einsprengseln Traurigkeit und eine dezenten depressiven Verstimmung. Wie eigentlich jeden November, wenn die Tage wieder so verdammt kurz werden.

Vielleicht ist dieses ganze Winteropenings-Zeugs also nur ein Vorwand, um der eigenen Traurigkeit abzulenken, die ansonsten auch andere Menschen befallen würde? Diese würden dann in einer ähnlichen Funktion wie das ganze Geglitzer und diese ganze Lichterketten im November und Dezember stehen.

Wenn es dunkel wird und wir aufgrund von weniger Sonne automatisch ein wenig melancholisch sind, versuchen wir diese mit ganz viel Lichtern, Party und vielleicht auch der einen oder anderen Flasche Bier zu überspielen. Auch eine Möglichkeit. Aber vielleicht nicht ganz so ehrlich, oder? Ich jedenfalls werde bei meiner guten altbewahrten Melancholie bleiben und mir die Winteropenings sparen. Auch das in Obergurgl-Hochgurgl.

Auf der anderen Seite: Winter ist auch Wellness-Zeit. Und man muss auch gar nicht Skifahren im Winter. Winter ist auch, für mich zumindest, „Hochfirst-Zeit“, das in Sachen Kulinarik und Wellness wirklich alle Stückerln spielt. Kürzlich kam mir auch zu Ohren, dass ein neuer 3-Hauben-Koch mit Beginn der Wintersaison dort groß aufkochen wird. Es gab also zumindest mal zwei Gründe um sich doch auf den Winter zu freuen und vielleicht gar das Winteropening in Obergurgl-Hochgurgl zu besuchen?

Immerhin ist eine Party in einer kleinen Dosis erträglich, wenn man sich dann in die Ruhe des „Hochfirst“ flüchten kann. Ich werde mich spontan entscheiden. Jedenfalls war mir beim Gedanken an einen kleinen Winterurlaub im „Hochfirst“ in Obergurgl doch ein wenig wärmer ums Herz geworden. Der Winter und die Dunkelheit des Novembers und Dezembers konnten jetzt getrost kommen…

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Von in Tirol