Ein Herbst am Walchsee – es kann nur besser werden!

Was ist das eigentlich, dieser Herbst? Ist es nur die Jahreszeit, die uns auf den Winter vorbereitet und einer Jahreszeit folgt, die von vielen in diesem Jahr mit einem nicht allzu schmeichelhaften Namen belegt worden ist, der mit A beginnt und mit schloch endet? Ja, das sicherlich auch. Aber für mich ist die Sache komplexer, zumal wenn auch noch der Walchsee ins Spiel kommt.

Das Wort Herbst ist eigentlich nicht viel mehr als eine begriffliche Zuschreibung. Der Herbst könnte auch anders heißen. Aufgrund von sprachlichen Konventionen haben wir uns aber wohl über die Zeit darauf geeinigt, einen gewissen Zeitraum mit bestimmten Charakteristika Herbst zu nennen. Egal wie der Herbst jetzt heißt oder wie er sonst noch heißen könnte: Diese Überlegung macht und bewusst, dass wir es hier nicht mit Realitäten, sondern mit Konstruktionen und Zuschreibungen zu tun haben.

Sprich: Die Bezeichnung Herbst ist eine sprachliche Konvention, die einem gewissen Zeitraum nicht nur einen Namen gibt, sondern damit auch bestimmte Erwartungen an ihn hat und konnotiert. Wenn wir das Wort „Herbst“ hören, verbinden wir automatisch Bilder, Erfahrungen und Ideale damit, die der Zeitraum Herbst dann erfüllen können sollte.

Herbst und Sommer am Walchsee im Kaiserwinkl

Vielleicht erklärt das auch, warum wir mit diesem zu Ende gehenden Sommer, sagen wir es mal ein wenig diplomatisch, nicht ganz zufrieden waren. Unsere Assoziationen zum Begriff Sommer sehen vermutlich grundlegend anders aus. Dabei wird deutlich, dass wir dazu neigen, klare Erwartungen an die Jahreszeit Sommer zu stellen. Eben weil er Sommer heißt und diese Bilder in unseren Köpfen sind tun wir uns mit Abweichungen schwer.

Letztlich ist die Einteilung in 4 Jahreszeiten ja auch nicht natürlich, sondern eben kulturell tradiert und von uns Menschen gemacht. Provokant gesagt: eine willkürlich getroffene Unterscheidung, damit wir uns nicht mit völlig indifferenten Jahreszeiten bzw. Zeiträumen herumschlagen wissen. Wir möchte wissen, woran wir sind und welche Jahreszeit wir gerade haben und was wir von dieser erwarten können.

Der Mensch neigt halt nun mal zu Einteilungen, Differenzierungen und Unterscheidungen. Ohne diese ist er verloren. Gäbe es aber den Begriff Sommer nicht und gäbe es auch die damit verbundene Erwartungshaltung nicht, wäre fraglich, ob wir uns überhaupt über diesen Sommer geärgert hätten.

Die Frage ist also nicht, was der Herbst überhaupt ist. Die Frage ist, was der Herbst für mich ist und welche Erwartungen ich an ihn habe als kulturelles Subjekt, das eben nicht auskommt aus den Kategorien unserer westlichen Kultur. Ich kann nur darüber reflektieren, vermutlich aber nicht in einen Raum leben, in dem Jahreszeiten keine Rolle spielen. Ich wäre, schlicht und einfach formuliert, verwirrt und orientierungslos.

Der Herbst ist für mich eine Zeit der Eindeutigkeit. Während man vom Sommer in diesem Jahr und auch von einigen Sommern vorher schon nicht unbedingt sagen kann, dass das eindeutig Sommer wäre, weil sie diese oder jene Erwartungen erfüllt hätten, gibt es beim Herbst eindeutige Fakten: Das Wetter wird stabiler, die Tage kürzer.

Und vor allem hat der Herbst eine Eigenschaft: Die Natur verändert sich. Das ist so sicher wie das Amen im Gebet und macht den Herbst somit mit dem Frühling vergleichbar. Der Sommer hat so etwas nicht zu bieten. Er ist lediglich, im besten Falle, warm oder heiß. Beim Herbst hingegen färben sich die Blätter in den schönsten Farben, die Blätter fallen und machen mich immer auf eine angenehme Weise melancholisch.

Der Herbst ist auch traditionell die Zeit, in der es mich an den Walchsee zieht. Einfach weil dieser dort für mich am allerschönsten ist. Und weil er da zu der Vollendung gelangt und den Bildern entspricht, die mir durch meinen Kopf herum spuken, wenn ich an den Herbst denke und mir vielleicht auch schon mal vorsorglich den Herbst von Vivaldi anhöre um mich einzustimmen. Ein paar Tage am Walchsee in den Verwöhnhotels und mein Bild von Herbst und Schönheit findet eine äußere Entsprechung in der Realität. Das alles dann noch kombiniert mit einigen Wanderungen in der Region – und ich bin glücklich.

Ein Herbst am Walchsee – es kann nur besser werden!
5 (100%) 1 vote

Von in Tirol