Kaiserwinkl Lichterzauber, oder: Warum ausgerechnet diese Veranstaltung?

Jetzt habe ich mich doch glatt überreden lassen. Wer solche Freunde hat, der brauchte wirklich keine Feinde mehr. Mitgegangen, mitgefangen. Auf die Frage eines weiteres Freundes, in welche Kategorie diese anstehende Veranstaltung denn fällt antwortete ich schwer genervt mit der Formulierung: „Mist-Veranstaltung“. Und das, obwohl ich den Walchsee und den Kaiserwinkl doch eigentlich mag. Wer weiß: Vielleicht würde alles halb so schlimm werden?

Immer wieder mal fällt mit bei so mancher Veranstaltung der Buchtitel und die Formulierung „Wir amüsieren uns zu Tode“ ein. Ganz einfach deshalb, weil es eben nur mehr darum zu gehen scheint, sich zu amüsieren. Um jeden Preis, zu Ungunsten des Tiefgangs, der künstlerischen Qualität und der musikalischen Darbietung. Hauptsache es ist laut, grell und effektreich inszeniert. Hämmernde Beats kommen dabei immer gut, eine Lasershow ist auch nie verkehrt.

Auch eine Band, die vor allem Coversongs in mehr oder weniger gelungenen Versionen von der Bühne schmettert wäre eine ernsthafte Überlegung wert, wenn man die breite Masse auf eine Veranstaltung bekommen will. Ja, ich weiß schon: Das klingt jetzt ein wenig gar einfach, kulturpessimistisch und irgendwie auch schon wie mein eigener Vater, der sich damals darüber beschwerte, dass jetzt schon wieder „Wherever I may roam“ von Metallica in voller Lautstärke aus meinem Jugendzimmer dröhnte. Auch mein Nachbar war damals von meinen musikalischen Präferenzen nicht allzu begeistert, sodass eines Tages sogar einmal die Polizei an meiner Türe klingelte.

Wann war es wohl passiert, dass ich vom Krawallmacher und selbst nicht gerade Freund der anspruchsvollen Abendunterhaltung zum Bewahrer der kulturellen Hochkultur und des Niveaus geworden war? Wann war es passiert, dass ich mich so in meinem geschmäcklerischen Diskurs eingegraben hatte, dass mir Veranstaltungen, die der breiten Masse zu gefallen schienen, nur mehr ein müdes, leicht zynisches Lächeln auf die Lippen zauberte? Jedenfalls waren das die Gedanken, die mir durch den Kopf schossen, als mich besagter Freund, den ich in diesem Augenblick eher als Feind titulieren wollte, fragte, ob ich mit ihm zum „Kaiserwinkl Lichterzauber“ gehen wollte.

Das „Kaiserwinkl Lichterzauber“: Kein entrinnen mehr!

Ob er mein Staunen und meine Verwunderung angesichts dieser Frage einfach ignoriert hatte oder ob er wusste, dass ich ihm noch was schuldig war, kann ich im Nachhinein nur mehr schwer entscheiden. Letztlich hatte ich ihn auf ein Konzert mitgeschleppt auf dem sogenannte „Neue Musik“ gespielt wurde. Das Leiden in seinem Gesicht bei der X-ten atonalen Passage die an der Polyrhythmik afrikanischer Musik geschult war, konnte man schon als beträchtlich bezeichnen.

Kurzum: Ich hatte keine Ausrede. Und wenn ich eine gehabt hätte wäre er garantiert mit seinem Argument gekommen, dass er sich das letztens ja auch angetan hatte. Es gab kein Entrinnen: Demnächst würde ich wohl beim „Kaiserwinkl Lichterzauber“ am Walchsee stehen, sitzen oder liegen. Lasershow, Spektakel und Coverbands inklusive. Ich fragte mich, was ich verbrochen hatte. Und ob ich mir die Menschen, mit denen ich mich umgab und die ich meine Freunde nannte in Zukunft nicht besser aussuchen sollte.

Da aber beides jetzt nunmehr unumkehrbar war: Was macht man als mehr oder weniger vernunftbegabter Mensch, wenn einem schon eine solche Veranstaltung ins Haus steht? Richtig: Man unternimmt den Versuch Schadensbegrenzung zu betreiben.

Was jetzt aus meinem Mund kam erschien mir selbst schon im Augenblick des Ausgesprochen-Seins als merkwürdig. Als bezeichnend. Als letzten Ausdruck, dass ich kein Jugendlicher mehr war und letztlich doch schon sehr gediegen bildungsbürgerlich und vielleicht auch schon ein wenig konservativ rüberkam: „Wenn ich mir diesen Mist schon geben muss, dann kombinieren wir das wenigstens mit ein bisschen Wellness. Eine richtig gute Massage könnte ich nämlich schon seit sehr langer Zeit gut gebrauchen.“

Das wiederum führte zu staunen seinerseits. 1:1. Wir warten quitt. Vielleicht staunte er deshalb so, weil er sich noch an die Zeiten erinnerte, in denen wir ohne Matratzen oder sonst irgend einem Mädchen-Quatsch bei dem einen oder anderen Rock-Festival in Deutschland gezeltet hatten. Nun, was soll ich sagen: Die Zeiten ändern sich eben. Und das ist auch gut so.

Ich bin mir jedenfalls so gut wie sicher, dass ein Aufenthalt in den „Verwöhnhotels“ meinen Schmerz lindern würde, der mich unweigerlich überkommt, wenn eine Coverband mehr schlecht als recht den einen oder anderen Hit trällert, klampft und spielt. Auch die als spektakulär angekündigte Lasershow konnte ich ja geflissentlich zu ignorieren versuchen und mich stattdessen auf die Schönheit des Walchsees im Kaiserwinkl konzertrieren. Und wenn das alles nichts half, dann konnte eine gute Massage (mein Favorit: Anti-Stress-Massage: tut einfach gut!) meine Verspannung angesichts des Erlebtem sicherlich wieder lösen.

Kurzum: Es würde demnächst los gehen. Und schließlich: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Und vielleicht würde ja auch alles nur halb so schlimm werden?

Kaiserwinkl Lichterzauber, oder: Warum ausgerechnet diese Veranstaltung?
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Von in Tirol