Das Open-Air-Kino im Zeughaus Innsbruck: Glücklichsein leicht gemacht

Montag in Innsbruck. Ungefähr 09:00. Strömender Regen. Ich bin verzweifelt und auch ein wenig erschöpft von den letzten Wochen, in denen kulturell gesehen viel los war. Vielleicht zu viel und auch zu viel von Verschiedenstem. Von Barockmusik über Weltmusik bis hin zu Modernem Jazz. Musik ist für mich, so sehr ein Leben ohne sie auch ein Irrtum wäre, Arbeit. Sie erfordert Aufmerksamkeit, ein geschultes Ohr und Offenheit. Das „Open Air Kino im Zeughaus“ habe ich hingegen niemals als „Arbeit“ betrachtet habe. Viel mehr als eine Außenstelle der eigenen vier Wände. Ganz so, als müsste ich mich gar nicht von zuhause aufmachen und mich ins Zeughaus begeben, weil das Zeughaus im Sommer immer auch schon eine Art von Heimat ist.

Das Open-Air Kino im Zeughaus in Innsbruck hat das Potential dazu, zum täglichen Ritual zu werden, zum Teil des Alltages. Und doch würde eine Erzählung über diese den August füllende Veranstaltung gänzlich anders beginnen wie eine Beschreibung eines tristen Morgens in Innsbruck, der einem, wenn man auch nur ein kleines Faible für Sonne und Sommer hat, in die Verzweiflung treiben kann.

Für mich ist das ein Problem: Ein Tag beginnt morgens bereits so, wie er vielleicht endet. Keine Sonne, nirgends, oder zumindest hinter der dichten Wolkendecke versteckt. Ein Tag ist für mich in der Früh immer auch das, was er potentiell werden kann. Ein Tag ist ein Möglichkeitsraum, ein Prozess, eine Entwicklung die auf etwas hin strebt: auf die volle Entfaltung, auf das Entfaltet-Sein. Darauf hin, dass er sein höchstes Potential an Schönheit erreicht und ausschöpfen kann. Bei einem Tag, der bereits wolkenverhangen beginnt, ist diese Möglichkeit zur Entfaltung sehr brüchig und fragwürdig.

So ein Tag ist diffus, indifferent, nicht klar von einer Entwicklung gekennzeichnet, sondern von einem gefühlten Stillstand. Der Morgen fühlt sich ähnlich an wie der Abend. Der Verlauf des Tages wird zu einem indifferenten Raum, bei dem man nicht weiß, woran man ist. Ich weiß es zumindest nicht. Und das treibt mich beinahe in die Verzweiflung. Ich möchte wissen, woran ich bei einem Tag bin. Mit dezentem, zarten, verheißungsvollen Beginn, mit langsamer Steigerung in Sachen Schönheit und Sonnenschein bis hin zu dem Zeitpunkt an dem er zur Vollendung gelangt ist und dann wieder alles langsam zurückfällt in die Dunkelheit. Das ist es, wenn mögliche kulturellen Aktivitäten an einem solchen Tag ausgeblendet werden, was ich unter einem perfekten Tag verstehe.

Im Open-Air Kino im Zeughaus ist das Glück kein Vogerl

Das Open-Air-Kino im Zeughaus nimmt in dieser Konstellation einen ganz besonderen Platz ein, denn es aus irgendeinem Grund verändert und beeinflusst es meine Wahrnehmung der Tage. Oftmals habe ich das Gefühl, dass Tage ineinanderfließen. Und sich mehr oder weniger gleichen. Das liegt daran, weil sie oft so vor sich hin mäandern, unentschieden sind, weder schlecht noch richtig gut. Tage, die erträglich sind, sogar ihre schönen Seiten haben, aber denen letztlich doch etwas fehlt. Etwas, das ich nicht genau beschreiben kann. Jedenfalls aber etwas, das sich nicht mit Kultur füllen lässt. Höchstens als Kompensation und als Versuch, dass der Tag doch noch zu etwas Außergewöhnlichem wird.

Aus meiner Sicht gelingt das nicht immer. Ganz einfach weil es Kontinuität braucht. Anders gesagt: Bei diesem Sommer, der bisher ja eher mit Wolken und Regenschauer auffällig geworden ist, genügt es nicht mehr, punktuell interessante Veranstaltungen einzustreuen und zu glauben, dass jetzt alles gut wird. Es braucht Kontinuität, Konstanz und Regelmäßigkeit. Es braucht eine Veranstaltung, die zu einem Ritual wird und die man ins tägliche Handeln und Leben wie selbstverständlich einfügen kann und die sich wie selbstverständlich anfühlt, ohne dass sie die Eigenschaften von z.B. einem Konzert hat, das dem Wesen nach aus dem Alltag und aus dem Tag herausragt. Eine Veranstaltung, die sich in diesen Sommer in Innsbruck nahezu mühelos in jeden Tag hinein verpflanzen lässt und die wie selbstverständlich Teil dieses Tagesverlaufes wird. Aus meiner Sicht ist das „Open-Air-Kino“ im Zeughaus eine solche Veranstaltung.

Warum das so ist? Eine sehr gute Frage. Vermutlich deshalb, weil eine Veranstaltung, die auf Regelmäßigkeit setzt, das Wesen des Glücks und des Glücklich-Seins verstanden hat. Das Glück lässt sich nicht herauslocken, in dem es nur punktuell und an einem Tag in der Woche beschworen wird. Glücklich-Sein braucht Regelmäßigkeit und die Einbettung in den Alltag. Glück braucht Ritual- und die Selbstverständlich-Werdung, dass man jeden Tag weiß, dass etwas oder jemand auf einen wartet, wenn der Tag zur Nacht wird, wenn es dunkel wird. Glück lässt sich nicht erzwingen, Glück stellt sich ein, wenn der Rahmen passt und so selbstverständlich geworden ist, dass der Rahmen gar nicht mehr wahrgenommen wird, sondern eben wie von-selbst dazugehört.  Das Open-Air-Kino im Zeughaus ist ein solcher Glücksfall, der mich glücklich macht.

Das Open-Air-Kino im Zeughaus wird damit zu einer Glücklich-Machenden Selbstverständlichkeit, da es sich in den Tagesverlauf einfügt, diesen akzeptiert. Der Tagesablauf ist sogar konstituierend für das Open-Air Kino im Zeughaus, denn ohne Dunkelheit gibt es auch kein Kino. Immer wenn es dunkel wird wird die Dunkelheit erhellt von der Projektion eines Filmes im Zeughaus. Die Filmauswahl ist, nebenbei erwähnt, übrigens sehr gelungen. Viel wichtiger ist mir aber, wie sehr sich das Open-Air-Kino in den (All)tag zugleich einfügen lässt und diesen zugleich verändert. Die Dunkelheit ist zugleich konstituierend für diese Veranstaltung und zugleich trotzt sie der Dunkelheit.

Diese Veranstaltung ist im wahrsten Sinne des Wortes alltäglich und will sich zugleich auch nicht mit dem möglichen Grau-Sein des Alltages abfinden, nicht mit dem täglichen Belanglos-Sein, sondern will die Abweichung und die Erweiterung des Tages und Alltages dauerhaft installieren. Ohne Abnützungserscheinungen. So lange, bis dieser Ausnahmezustand selbst zur Normalität geworden ist. Keine graue Normalität aber, sondern eine Normalität, in denen es sich das Außergewöhnliche und eben das Glück und das Glücklich-Sein dauerhaft gemütlich gemacht haben. Für mich ist das Glück. Eine etwas eigene und eigenwillige Definition vielleicht. Ich weiß nur, dass es funktioniert. Sowohl in der Liebe als auch im Falle des Open-Air Kinos im Zeughaus. Ich rate euch also dringend zu einem Besuch im Open Air Kino im Zeughaus. Dort wird euch das Glücklichsein leicht gemacht.

Das Open-Air-Kino im Zeughaus Innsbruck: Glücklichsein leicht gemacht
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Von in Tirol