Das Outreach Jazz-Festival in Schwaz: Jazz „reloaded“

Ich stelle mir Franz Hackl, der hinter dem alljährlichen „Outreach-Festival“ maßgebend steht, vor allem als einen genialen Netzwerker vor, der Gott und die Welt kennt und eigentlich mit allen zu können scheint. In zweiter Linie sehe ich ihn mit seinem Vater in der Werkstatt in Schwaz stehen und an neuen Trompeten-Modellen herum tüfteln, die mittlerweile auch in New York, wo Franz Hackl ja bekanntlich die meiste Zeit im Jahr wohnt, erfolgreich verkauft werden. Erst in dritter Linie sehe ich ihn als Musiker. Das liegt aber nicht daran, dass er ein schlechter oder uninteressanter Musiker wäre. Das liegt vielmehr daran, dass spätestens beim „Outreach“ all diese Ebenen zusammenfließen und untrennbar miteinander verbunden sind.

Ich kenne Franz Hackl nur flüchtig. Von einer Bekanntschaft zu sprechen wäre fast schon übertrieben. Wir kennen uns eigentlich nur virtuell und haben im realen Leben vielleicht eine handvoll Worte miteinander gewechselt. Umso erstaunlicher war es, dass mich Franz Hackl damals, als unsere persönliche Bekanntschaft noch nicht einmal so weit reichte, zu seinem alljährlichen Werkstatt-Konzert nach Schwaz einlud. Ich hatte das Gefühl, in meiner Rolle als Schreiberling, der sich hin und wieder auch mit dem Thema Musik befasst und nebenbei auch ein paar Konzerte selbst veranstaltet, ernst genommen zu werden. Den Ton von Franz Hackl in seiner Einladung kann ich nur als wertschätzend und zuvorkommend bezeichnen.

Vor Ort in Schwaz wurde mir dann klar: Es waren sehr viele Leute eingeladen worden, fast zu viele. Die Werkstatt platzte aus allen Nähten. Politiker und Medien gaben sich ein Stelldichein und umschwärmten Franz Hackl regelrecht. In diesen Augenblicken verstand ich eine seiner herausstechenden Eigenschaften: Franz Hackl ist ein begnadeter Netzwerker, der in Tirol und weit darüber hinaus Gott und die Welt kannte und dessen Ideen und dessen Konzepte von eben dieser illustren Schar an Bekannten, Freunden und Meinungsmachern mitgetragen wurde.

Das taten diese bereitwillig, ganz einfach deshalb, weil es Franz Hackl verstand und versteht, Leute um sich zu scharen und sie an sich und seine Ideen zu binden. Sie für sich zu einzunehmen. Das gelingt ihm aus meiner subjektiven Sicht vor allem deshalb, weil man sich ernst genommen fühlt. Wertgeschätzt. Verstanden. Noch beim größten Trubel hatte Franz Hackl damals in Schwaz nette Worte für so gut wie jeden. Das ist eine Leistung und längst nicht selbstverständlich.

Franz Hackl und das „Outreach“: Netzwerker, Klangforscher und Musiker

Franz Hackl ist aber auch, neben seiner Rolle als „Netzwerker“ auch ein hervorragender Trompetenbauer. Hackl trifft man nicht nur auf den Bühnen in New York an, sondern auch immer mal wieder in der Werkstatt zusammen mit seinem Vater in Schwaz. Bitte verzeiht mir, dass ich auf technischer Ebene wenig über diese Trompeten aus dem Hause Hackl sagen kann. Aber es wird ebendiesen nachgesagt, dass sie in Sachen Sounds und Spielbarkeit in der Oberliga mithalten können und dort sogar technische Innovationen setzen.

Darum geht es Franz Hackl wohl auch in seiner Rolle im Instrumentenbau: Das beste, spielerisch einwandfreie Instrument in den Händen zu halten, dass dann weltweit das Potential hat für Aufsehen zu sorgen, weil es so gut klingt wie wenig andere Instrumente. Es geht darum, die Musik, in den einzelnen Musikern und deren Köpfen schlummert zum Ausdruck zu bringen. Gute Instrumente sind in der Lage, abstrakte Ideen im Prozess des Spielens konzise auszuformulieren und auf die Bühne oder auf eine Aufnahme zu bringen.

Meine These ist dabei eigentlich einfach: Beim „Outreach-Festival“ werden die Eigenschaften und Fertigkeiten der Person Franz Hackl sichtbar. Obwohl natürlich auch andere Beteiligte und deren Relevanz hier nicht geschmälert werden soll habe ich den Eindruck, dass das Festival seine Person sehr gut spiegelt. Aus mehreren Gründen. Zum ersten deshalb, weil das Festival oftmals den Charme versprüht, dass hier eigentlich nicht nur Musiker_Innen, sondern Freund_Innen und Teilnehmer und Teilhaber des Netzwerkes von Franz Hackl auf der Bühne stehen.

All die Musiker beim Festival scheint Franz Hackl gut zu kennen und zu schätzen. Das führt zu einer angenehmen, entspannten Atmosphäre, in denen manchmal auch der ganz spezielle Charme von Experimenten zu spüren ist. Das Festival liefert nicht immer fertiges, komplett ausformuliertes an, sondern lässt sich auch als eine Werkstatt der Möglichkeiten verstehen. Sowohl bei der „Academy“ rund ums „Outreach“ als auch beim Festival selbst gibt Augenblicke, die grandios gelungen sind, aber auch Augenblicke, in denen man Experimente eher als gescheitert ansehen muss.

Genau das ist aber kein Makel, sondern der große Gewinn beim „Outreach“: Die musikalische Fallhöhe ist hoch, die Programmierung bunt und weit abseits der üblichen Verdächtigen, die man ansonsten auf sogenannten „Jazz-Festivals“ antrifft. Hackl und das „Outreach“ wagt sich vom Geist und der Intention des Jazz (It´s all Jazz!) beflügelt weit hinaus in andere, verwandte Genres. Das verbindende Glied ist die Experimentierlust und der Mut zu musikalischen Abenteuern und Innovationen.

Und für kommt da der Instrumentenbauer und „Klangforscher“ Hackl ins Spiel: Es geht ihm nicht um Jazz als ein (mehr oder weniger) eng definiertes Genres, sondern um Jazz als spielerischer Möglichkeitsraum, in dem „geforscht“, gesucht, optimiert und von Zeit zu Zeit auch etwas Perfektes, Vollkommenes gefunden wird, dass es lohnt, weiter verfolgt zu werden. Um ein enges Genre-Denken gibt es dabei niemals. Viel eher um die „Optimierung“ des Klanges und der spielerischen Möglichkeiten.

Dazu muss gesagt werden: Auch Franz Hackl als Musiker steht beim „Outreach“ des Öfteren auf der Bühne und bringt sich, je nach Projekt und nach Intention, mehr oder weniger stark spielerisch und musikalisch ein. Und dabei wird deutlich: Franz Hackl ist auch ein sehr guter, interessanter Musiker mit hohem Wiederkennungswert. Doch er ist eben nicht „nur“ das, sondern auch noch das in diesem Text beschriebene. Eines ist jedenfalls klar: Das „Outreach-Festival“ in Schwaz wäre nicht, das, was es wäre, wenn nicht Franz Hackl so wäre wie er eben ist. Für mich ist das „Outreach-Festival“ in Schwaz jedenfalls Jahr für Jahr ein musikalisches Highlight, weil hier oft „Jazz“ anders und neu gedacht wird. Eben „Jazz-Reloaded“…

Das Outreach Jazz-Festival in Schwaz: Jazz „reloaded“
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Von in Tirol