„Orgelfest“ vom 25.07. – 27.07.: Orgel „revisited“

Ich muss es leider zugeben. Die Orgel gehört nicht zu meinen liebsten Instrumenten. Vielleicht deshalb, weil sie für mich so eng mit nicht immer ganz freiwilligen Kirchenbesuchen in meiner Kindheit und mit der Omnipräsenz in katholischen Messen in Zusammenhang steht. Als künstlerisches Instrument außerhalb eines liturgischen Kontextes habe ich sie bisher kaum oder zu wenig wahrgenommen. Das 2. „Orgelfest“ schickt sich nun an, diese Bildungslücke zu schließen und die Orgel als überaus vielseitiges Instrument mit all seinen künstlerischen und ästhetischen Möglichkeiten vorzustellen.

Der durchschnittliche „Hobby-Musikhörer“, zu denen ich mich in Sachen Orgelspiel auch zähle, verbindet mit dem Orgelspiel vermutlich hauptsächlich die Orgelwerke von J.S. Bach. Die eine oder andere berühmte Melodie dazu klingt einem auch noch im Ohr. Darüber hinaus flackern bei fast jedem Erinnerungen auf, die sich überwiegend aus einem religiösen und liturgischen Zusammenhang ergeben: Die Orgel begleitet den sogenannten „Volksgesang“ in der Kirche und hat in diesem Zusammenhang oftmals eher unterstützende Wirkung. Dem zweiten vatikanischen Konzil sei Dank.

Sollten sich Kirchenmusiker oder gar theologisch gebildete Menschen unter den Leser_Innen hier befinden, dann verzeihe man mir bitte folgende etwas saloppe Aussage: Die Orgel gilt gemeinhin als das optimale Instrument zur Verehrung Gottes. Die Orgel ist DAS liturgische Instrument in der Kirche, das den höchsten Stellenwert einnimmt.

Ich formuliere es mal etwas vereinfacht: Ein Instrument, das so in einem Dienst steht und dem eine so klare Funktion zugeordnet wird, hat es nicht immer leicht. Zumindest bei mir. Orgelmusik steht für mich immer schon in Verdacht, einem bestimmten Zweck zu dienen, sei es der epiphanischen Verzückung in Bezug auf die eine oder andere Gotteserfahrung oder sei es als musikalisch tragender Bestandteil einer stimmigen liturgischen Feier.

Als autonomes künstlerisches Ausdrucksmittel habe ich es der Orgel nicht immer leicht gemacht. Bis heute noch fällt es mir deutlich leichter, das „Wohltemperierte Klavier“ von Bach zu hören (das ich liebe) als mich seinen Orgelwerken (die ich mag, die mich aber manchmal seltsam unberührt lassen) anzunähern. Kurzum: es hat sich da ein Urteil gefestigt und verhärtet, das natürlich ein Vorurteil ist und auf zum Teil falschen Vorannahmen basiert.

Die Möglichkeiten der Orgel: Beim „Orgelfest“ werden diese ausgelotet

Für mich ist das „Orgelfest“ eine perfekte Gelegenheit, diese Vorurteile und diese verhärteten Ansichten loszuwerden und endlich klar zu sehen. Das volle Panorama auf die Orgelmusik genießen zu können. Beim „Orgelfest“ liegt es offen vor mir, ein ganzer Möglichkeitsraum an spielerischem Ausdruck und an künstlerischen Variationen der Orgel tut sich auf. Mendelssohn, Mozart, Bach & Co. sind natürlich dabei, aber ebenso wird sich ein Adam Holzman, der vor einiger Zeit bei Miles Davis eine nicht ganz unwichtige Rolle spielte, an der Hammond Orgel ein Stelldichein geben. So breit ist also auf den ersten Blick schon die Orgel und das „Orgelfest“: Ästhetisch, klanglich, künstlerisch.

Mit Michael Schöch und Michael König sind zudem zwei Tiroler an der Orgel zu hören, die mittlerweile europäischen Rang genießen. Vor allem von Michael Schöch, der sich in Sachen Beethoven und darüber hinaus schon bei „Musik +“ verdient gemacht hat, hört man wahre Wunderdinge. 1985 in Innsbruck geboren möchte man ihm gar das Attribut „Wunderkind“ umhängen, auch wenn er gar kein Kind mehr ist. Deutlich ist aber sein Spiel, das eine Reife, Brillanz und Klasse besitzt, die andere in späten Jahren noch nicht erreicht haben. Allein schon wegen Michael Schöch lohnt sich der Besuch des diesjährigen Orgelfestes.

Subjektiv für mich hervorheben – und hoffentlich für Leute die meine Vorliebe für Experimentelles und etwas aus dem Rahmen Fallendes teilen – möchte ich den 26.07. und das Konzert, das an diesem Tag in zwei Teilen von 19:30 – 21:00 und von 21:30 bis 23:00 stattfinden wird. Dort wird der klangliche und ästhetischen Bogen weit gespannt: Michael Schöch ist am Klavier und an der Celsta zu hören, Michael König wird sich um Celasta und Harmonium kümmern.

Klanglich aufgrund der Instrumente schon nicht das, was täglich serviert wird dürfte auch die programmtechnische Zusammensetzung an diesem Abend etwas Besonders werden: Von Satie aber Bartók bis hin zu Arturo Fuentes wird hier von relativ gemäßigt bis hin zu speziell und extravagant tief in die „Trickkiste“ der klanglichen, ästhetischen und kompositorischen Möglichkeiten gegriffen.

Bei all dem wird aber eines klar: Ganz entlassen aus ihrem liturgischen und religiösen Kontext kann die Orgel beim „Orgelfest“ dann doch nicht werden. Und die Gestalter des Programmes haben das auch gar nicht im Sinne. Vielmehr wird die historische Rolle der Orgel in dieser Funktion angenommen du auf interessante Weise beleuchtet und reflektiert Das Programm gleicht einem Durchschreiten und historischen Verortung der Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Orgel mit Ausblick hin zu dem, was im Heute wiederum möglich geworden ist.

Kurzum: Eine unbedingte Empfehlung! Auch für diejenigen, die bisher geglaubt haben, wenig bis gar nichts mit dem Instrument Orgel anfangen zu können. Es wird Zeit sich Orgelmusik noch einmal genauer, näher anzusehen.

„Orgelfest“ vom 25.07. – 27.07.: Orgel „revisited“
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Von in Tirol