Auf unseren letzten Blogeintrag „So werden wir in Innsbruck abgezockt“ gab es viel Resonanz. Anscheinend war es vielen nicht bewusst, wie viel sie für ein mickriges Brot wirklich bezahlen. Wir haben nachgebohrt und uns das leckere, offenbar vegetarisch orientierte und belegte Ciabatta für stolze 2,40 € noch einmal näher angeschaut. Verbunden mit der Frage: ist der Profit damit wirklich maximiert?
Tomaten-Mozarella-Ciabatta von Baguette: ein wahrer Luxushappen.
Der stolze Verkaufspreis für das Brötchen beträgt € 2,40. Es besteht aus folgenden Komponenten:
Salat: 11 Gramm ; Tomaten: 62 Gramm; Mozarella: 58 Gramm
Brot, inkl. Aufstrich in Form einer ,Pampe‘: 120 Gramm Totalgewicht: 251 Gramm.
Interessant wird jetzt die Kalkulationsgrundlage für Brot und Beilage. Denn im M-Preis wurden jene Produkte, die im lecker-vegetarischen Ciabatta-Brötchen enthalten sind, am 5. Juli zu folgenden Preisen verkauft: 1 kg Tomaten, Bio: € 1,40 ; 1 kg Mozarella: € 8,00; 1 kg Salat € 1,20
Demnach betragen die ,Füllkosten‘ 0,56 €. Die Kosten für die Pampe, offenbar als Geschmacksträger gedacht, nehmen wir mit 0,10 € an, was wahrscheinlich – besser – ziemlich sicher wesentlich billiger ist. Somit betragen die Gesamtkosten der Füllung rund 0,66 €.
Und nun zur entscheidenden Frage: Welchen Anteil hat das Brot in dieser Kalkulation? 120 Gramm Brot kosten demnach die Differenz zwischen Gesamt-Verkaufspreis und Kosten der Füllung: also 2,40 minus 0,66. Somit € 1,74. Was bei einem kalkulatorischen Kilopreis des ‚rohen‘ Ciabattabrotes von 14,50 Euro entspricht. Luxus- dein Name ist Tomaten-Mozarella-Ciabatta von Baguette. Unfassbar eigentlich. Aber: Der Profit scheint maximiert zu sein.
Nicht genug damit. Denn wenn man sich die Mühe macht und auf der offziellen Hompage von Baguette unter der Rubrik „Kleingebäck“ nachschaut, in der alle Gebäcksorten der Mölk Bäckerei aufgelistet sind, wird man vergebens nach Ciabatta suchen. Wie das? Und hier liegt die Vermutung nahe, dass diese in Form von Teiglingen (von wo auch immer) zugekauft werden. Woher? Das ist nirgendwo ersichtlich. Vielleicht täte Bagutte und M-Preis in Zukunft gut daran hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Das führt zum nächsten Thema. Baguette steht mit den Zukäufen von Backteiglingen nicht allein. Woher diese genau kommen ist schwer nachzuvollziehen. Vor allem deutsche Teiglings-Produzenten bieten ihre Ware im Internet ganz offen an. Derzeit sind offenbar noch tolle Profite mit Brot zu machen. Wenn China mitmischt, wird die Sache sicher brutal. Denn Teiglinge aus China sind sicher zu einem Bruchteil des europäischen Preises zu erhalten.
Brot aus China?
Denn ab sofort ,bereichert‘ China wiederum die Debatte um Lebensmittel in Europa. Die Meldung in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vor geraumer Zeit schlug ein wie eine Bombe ein. „China auf deutschen Tellern“ hieß ein, auf den ersten Blick etwas reißerischer Titel. Der sich jedoch beim näheren Hinschauen als durchaus seriös erweist. Und die vornehme Verschwiegenheit der Industriebäcker in punkto China wäre damit auch erklärt.
China und Lebensmittel. Das ist ein eigenes Thema. Da war doch der Riesenskandal mit der Trockenmilch, der vielen Babies das Leben gekostet hat. Und wer erinnert sich nicht mir Schaudern an die deutsche Salmonellen-Epidemie aufgrund verseuchter Erdbeeren aus China? Und jetzt taucht in Deutschland eine Importstatistik auf, die den Teiglings- bzw. Brotimport aus China zu bestätigen scheint. Und – darauf darf gewettet werden – was Deutschland recht ist, war Österreich immer schon billig.
Brötchen aus China kosten im Einkauf zwischen 0,15 und 0,22 Euro pro Stück
Aber google lügt auch hier nicht. Auf alibaba.com, der chinesischen Export-Wundermaschine, sind die Teiglinge natürlich auch vertreten. Unter der bieder klingenden Bezeichnung „frozen bread dough“. Da gibt’s Brötchen im Discount zwischen 0,15 € und 0,22 €. Aber das ist sicher nur die Spitze eines Eisbergs. Denn die Mutter aller Preisschlachten bei Brot beginnt gerade.
Denn der Diskonter Hofer steigt in dieses offenbar lukrative Geschäft mit dem Grundnahrungsmittel ein. Künftig sollen in allen 450 Filialen der Aldi-Süd-Tochter vor allem Brote und Brötchen in sogenannten Backboxen frisch aufgebacken werden. Die „BackBOX“ wird dem altehrwürdigen Bäckergewerbe in Österreich vollends den Todesstoß versetzen und in der Folge China zum Großproduzenten der Teiglinge machen. Wie das?
Wer nicht mit-dumpt hat gegen Hofer von vornherein verloren. Und China bietet angeblich billigst-Teiglinge zu Preisen zwischen 2 und 5 Cent! Was von der Hofer-Beruhigungsplatte zu halten ist, wonach die in der Brotbox verarbeiteten Teiglinge „überwiegend von heimischen Bäckern aus österreichischen Rohstoffen“ stammten muss jeder für sich selbst entscheiden. Welche Bäcker sollen da eigentlich liefern? Jene, die aufgrund der Dumpingstrategie am Rand der Existenz wanken? Oder gar Bäcker, die eh schon aufgegeben haben? Hofer als ‚Wiederbeleber‘ eines uralten Handwerks? Wohl kaum. Denn hier gilt verstärkt der Grundsatz: Wer’s glaubt wird selig und wer’s nicht glaubt kommt auch in den Himmel.
Österreich – das Land der seligen Naiven
Doch alles scheint für die Konsument_Innen weit weg zu sein. Woher kommt diese schier anhaltende Naivität im Bezug auf Lebensmittel? Ein künstlich geschaffener Lebensmittelpatriotismus in Österreich und eignes dafür geschaffenen Marken tun ihr Übriges, damit die breite Masse wenig hinterfragt. Und dabei würde dieser Film sehr vielen gutgläubigen Konsument_innen die Augen öffnen. Wir bleiben jedenfalls dran am Thema.
Text/Recherche: Werner Kräutler und Lisa Reifer
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Von Lisa Reifer 2014-07-9 in Tirol
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