10 Jahre P.M.K. in Innsbruck: Es muss etwas geben

Nein, das wird keine Abhandlung darüber, was in 10 Jahren P.M.K. so alles passiert ist. Und ja, es ist gut und toll, dass es die P.M.K. in Innsbruck gibt. Ohne deren Existenz wäre Innsbruck kulturell gesehen um einiges uninteressanter, langweiliger und provinzieller. Dennoch ist aber bei der P.M.K. für mich längst nicht alles Gold was glänzt.

Angefangen hat jedenfalls damals vor gut 10 Jahren alles damit, jetzt mal ein wenig salopp formuliert, dass zu wenig Platz da war. Zu wenig Platz für Kultur, die sich nicht dem sogenannten „Mainstream“ zuordnen ließ. Auch die Musik an sich hatte es in Innsbruck seit jeher schwer, zumal wenn sie nicht der sogenannten „ernsten Musik“ zuzuordnen war und ist. Die Frage, die sich dabei stellt ist natürlich, ob solche Unterscheidungen überhaupt sinnvoll sind. Dennoch fußt die Existenz einer „Off-Szene“ oder einer Alternativ-Kultur auf der Annahme, dass es einen Ort oder auch nur eine ästhetische Position geben muss, die sich von der Praxis der Hochkultur unterscheidet und sich zugleich nicht dem ästhetischen Mainstream anbiedert.

In Tirol und in Innsbruck ist die Bildung einer Alternativ-Kultur zudem stark mit einer Auflehnung gegen Konservativismus und Katholizismus verbunden. Das Streben nach Freiräumen, nach anderen Verhaltensmustern und anderen Orten fußt auf dieser Ablehnung und auf diesem provozierten Bruch mit traditionellen, konservativen Werten im „heiligen“ Land Tirol. Die Haltung ist dabei einfach beschrieben: Es muss was geben. Und es muss auch anders gehen.

In diesem Sinne hat die P.M.K. in Innsbruck damals vor 10 Jahren Raum eingefordert und diesen Raum auch bekommen. Seither haben zahlreiche Vereine die Möglichkeit, Konzerte und Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der P.M.K. zu veranstalten. Man könnt es auch eine Verortung nennen, eine Art von kulturellen und ästhetischer Heimat, in der sich unterschiedliche Konzepte, Vereine und Positionen kreativ beeinflussen und ausprobieren können. Die Vereine bleiben dabei dennoch autonom und die jeweils Beteiligten sind Experten in ihrer eigenen kulturellen Nische und in ihrem bevorzugt programmierten und veranstalteten Genre.

Die P.M.K. in Innsbruck: Demokratie und Autonomie als Konzept

Das Konzept der P.M.K. in Innsbruck ist also getragen von einem Gedanken der absoluten Demokratie und Autonomie, wo jeder Verein die Art von Musik veranstalten kann, die er persönlich als wertvoll erachtet. Vereinfacht gesagt ist die P.M.K. somit als Gegenkonzept zu kuratierten Räumen wie z.B. dem „Treibhaus“ zu bezeichnen. Es gibt schlichtweg keine künstlerische Letztinstanz, die über eine wie auch immer geartete Qualität der programmierten Konzerte entscheiden würde. Das Jahresprogramm der P.M.K.  ist also die Summe der einzelnen Teile und ein sich ergebendes Geflecht, zusammengesetzt und sich ergebend aus den jeweiligen Interessen, Vorlieben und ästhetischen Positionen der je eigenverantwortlichen Vereine.

Damit lässt sich wieder an obige Behauptung anschließen: In der P.M.K. finden Vereine Platz, die sich um Musik und Kultur kümmern, die nicht dem Mainstream angehört. Die Frage ist einfach: Welche ästhetischen und künstlerischen Positionen verwirklicht die P.M.K.? Welche Form von Kunst gibt sie ein zuhause? Ist der demokratische Ansatz überhaupt geeignet um einen solchen Raum in ästhetischer Hinsicht zu verwirklichen? Braucht es vielleicht nicht doch einen Letztverantwortlichen, der sich um einen „roten Faden“ kümmert, der aber zugleich alle ästhetischen Positionen zu vereinen weiß und dem Genre- oder gar Schubladendenken völlig fremd ist?

Aus meiner Sicht besteht die Gefahr des Sich-Einigelns, der ästhetischen Monokultur, die deshalb nicht erkannt wird, weil die P.M.K. sich als Summe aller Vereinsaktivitäten betrachtet und sich auch so am schlüssigsten analysieren lässt. Daraus ergibt sich das Problem, dass jeder Verein nur seine eigene kleine Nische beackert und die eigene Position einnimmt, diese verfestigt und verabsolutiert.

Mein Wunsch: Genreübergreifende Qualitätskriterien

Daraus entsteht dann keine übergreifende Qualität, die den offenen und unabhängigen Hörer begeistern könnte. Daraus entsteht vielmehr ein sich wiederholendes abgrasen einer (zu) kleinen Zahl an spielerischen und künstlerischen Strategien und Positionen. Nur weil verschiedene ästhetischen Positionen von verschiedenen Vereinen unter einem Dach gebündelt werden ergibt sich noch längst keine ästhetische Gesamt-Position, die die Behauptung rechtfertigen würde, dass in der P.M.K. Musik stattfinden würde, die ansonsten keinen Platz hätte, etwa weil diese aufgrund ihrer Sperrigkeit oder Komplexität marginalisiert würde.

Das führt in letzter Konsequenz zu der Frage. Wird die P.M.K., die ja von außen auch als Ganzes und als ein Ort wahrgenommen wird, der ganz bestimmter Art von Kultur und Musik ein zuhause bietet, durch den demokratischen Ansatz in Bezug auf die Freiheiten und Möglichkeiten der integrierten Vereine gestärkt oder geschwächt? Persönlich neige ich dazu zu behaupten, dass es die Position der P.M.K. schwächt und ein künstlerisch, ästhetisch und qualitativ hochwertiges Jahresprogramm sogar verunmöglicht. Ich jedenfalls habe in der P.M.K. schon großartige Konzerte gesehen, aber vor allem auch sehr viel mittelmäßiges, das vielleicht für den jeweils veranstaltenden Verein und deren Zielgruppe von Relevanz sein mochte, ganz sicher aber nicht genreübergreifenden Qualitätskriterien entspricht.

Und ja, ich weiß: Mit objektiven Kriterien und Qualitätsansprüchen an Musik ist das so eine Sache. Aber mir geht es nicht um die Setzung eines universellen Anspruchs, was gut oder schlecht ist. Ich denke aber, dass eine Veranstaltungsort, der nach außen hin mehr oder weniger homogen auftritt – ansonsten bräuchte es ja nicht einmal das Logo der P.M.K. – in der Verantwortung steht, gemeinsame Qualitätskriterien auszuarbeiten, mit denen sich alle Vereine identifizieren können.

Eine Herausforderung, ohne Zweifel. Aber ansonsten kommt, aus meiner Sicht, nicht viel mehr als ein jeweils zielgruppengerechtes Programm heraus, das letztlich niemanden herausfordert, irritiert oder das gar musikalisches Neuland erschließt. Das wäre der künstlerische und ästhetische Stillstand, der nur deswegen nicht bemerkt wird, weil die jeweiligen Vereine so eifrig dabei sind, Perlen und interessanten Musiker_Innen in ihrem  Genre für ihre Zielgruppe zu entdecken. Musikalische Innovation findet aus meiner Sicht aber dann statt, wenn sich der Blick aufs „große Ganze“ richtet.

Erlaubt mir also, liebes P.M.K. euch zu eurem 10-jährigen-Jubiläum zu gratulieren. Das Fest am 19.07. ab 17:00 wird sicherlich rauschend und gut besucht sein. Zu Recht. Aber erlaubt mir auch, wie oben, ein paar Einwände zu bringen und meine ästhetische Position als eine Art von Wunsch zu formulieren was die P.M.K. auch noch sein könnte.

10 Jahre P.M.K. in Innsbruck: Es muss etwas geben
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Von in Tirol

  • Ron

    wann haschn zeit?

  • Floreal Kris

    …ich freu mich sowas von endlich,,, mal was von dir zu sehen markus…ob es meiner ästhetische Position der meinung der verschiedenen leistungen entspricht…..und was bin ich froh um die p.m.k

  • Markus Stegmayr

    Floreal: Du weißt doch, dass ich bereits Konzerte veranstalte und ich mich natürlich auch einer möglichen Diskussion aussetze, ob meine Konzerte oä. ästhetisch und konzeptionell gelungen sind oder nicht.