Im Zillertal gibt die Natur den Ton an – Wurde auch Zeit!

Ich habe ja ein zwiespältiges Verhältnis zum Zillertal. Eine Art Hass-Liebe. Eine Form von „On-Off-Beziehung“. Begründet liegt diese Ambivalenz in dem Verhältnis der Schönheit dieses Tales und der Musik, die dort vor Ort gespielt und forciert wird. Anders gesagt: Berge und Natur hui, Musik pfui.

Ich habe mich eigentlich schon immer gewundert, warum die Berge und die Natur genau so klingen sollen. Denn für mich klingen sie völlig anders. Wenn ich auf einem Gipfel stehe, dann fällt mir vieles ein: Erhabenheit, klassische Musik, vielleicht sogar ruhige Musik aus dem Repertoire der sogenannten echten Volksmusik, am besten auf einer Zither gespielt. Bei dem Anblick der Natur im Zillertal überfällt mich Demut, Bescheidenheit, ein Gefühl des Überwältigt-Seins. Das letzte was mir hingegen in den Sinn kommt, ist die musikalisch eher einfach gestrickte und dabei auch unsubtile Musik eines Marc Pircher oder gar der Zillertaler Schürzenjäger. Wie solche Musik in einem solch wunderschönen Tal entstehen kann, ist mir ein Rätsel.

Ich glaube das lässt sich nicht damit erklären, dass Wahrnehmung und die Ebene des Erlebens von Menschen zu Mensch unterschiedlich sind. Ich denke mal es muss zwangsläufig daran liegen, dass manche Menschen einfach unsensibel und unempfänglich für die wirkliche Schönheit der Natur sind. Und sich nicht auf das große, unfassbare Gefühl des Überwältigt-Seins einlassen wollen. Vor der Natur sollte man leise und still werden und staunen. Eine Reaktion in musikalischer Form, die einfach nur primär banal und trivial ist, empfinde ich als unangemessen. Als Unverschämtheit. Als etwas, das man der Natur nicht antun sollte.

Das Zillertal: Zu schön um es den Schürzenjägern oder Marc Pircher zu überlassen

Die Natur und die Schönheit des Zillertals werden hier meiner Meinung nach missbraucht und funktionalisiert. Die Natur wird zum Verkaufs-Schmäh eines folkloristischen Zillertals, das mehr Schein als Sein ist. Und genau damit wird diesem Tal Unrecht getan: Das Zillertal ist nicht nur wunderschön, sondern auch vielfältig, modern, zeitgemäß und dennoch bodenständig. Wer das Zillertal auf Ho-Ruck und Hüttengaudi beschränkt, der hat eigentlich überhaupt nichts verstanden.

Mein Plädoyer daher: Haltet euch von Hütten, Hüttengaudi und dem verfälschen, folkloristischen Zillertal fern! Und hört euch um Himmels willen nicht die Musik an, die in einem so großen Maß den Markt der volkstümlichen Musik überschwemmt. Tut euch etwas Gutes und setzt in diesem Fall voll auf die Natur! Denn die Natur hat (zum Glück!) eine ganz andere Stimme und einen ganz anderen Klang. Und vor allem: Ihr könnt euch euren eigenen Reim machen und eure ganz eigene Musik mit dieser überwältigenden Schönheit konnotieren. Eure Wahrnehmung bleibt unverfälscht, wird nicht gelenkt.

Meine Behauptung: Ist es still im eigenen Kopf, das Erleben von keinem Klischee geprägt, dann wird erst das richtige Erleben möglich. Ich jedenfalls könnte nicht wirklich genießen, wenn ich die Zillertaler Schürzenjäger im Kopf habe, die gerade diesen oder jeden Ort besingen und damit aus meiner Sicht verhunzen und für mich absolut ungenießbar machen.

Und noch ein Tipp von mir, wenn ihr auf das Echte, Unverfälscht steht: Gebt euch bitte schön bei eurem nächsten Urlaub im Zillertal mal in ganzem Umfang den Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen. Schöner wird´s so schnell nicht mehr. So schöne Orte und Plätze darf man nicht den Zillertaler Schürzenjägern oder gar dem unsäglichen Marc Pircher überlassen. Immerhin bekommt ihr es hier mit dem größten Schutzgebietsverband der Alpen zu tun.

Ihr seht also schon und könnt es zwischen den Zeilen vielleicht auch ablesen: Ich werde mich im Sommer die eine oder andere Woche ins Zillertal auf Sommerfrische begeben. Ganz ohne Musik, MP3 Player. Vielleicht noch mit einem guten Buch. Ansonsten aber reichen mir ein gutes Hotel und die Natur. Natur pur. Sonst nichts. Das genügt.

Im Zillertal gibt die Natur den Ton an – Wurde auch Zeit!
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Von in Tirol