Maria Brettfall: kauf Dir eine Wallfahrtskirche

Tirol ist reich an Wallfahrtskirchen. Aber kaum eine ist so bekannt wie Maria Brettfall. Denn diese Kirche wurde von den Eremiten jeweils an den Nachfolger verkauft.

Maria Brettfall – allein schon der Name dieser Wallfahrtskirche am Eingang zum Zillertal klingt exotisch. Und macht neugierig. Viele von uns kennen das Kirchlein, weil es von Zug und Autobahn aus gut sichtbar ist.  Aber wenige raffen sich auf, das Höhenkirchlein auch tatsächlich zu Fuß zu erreichen. Aber wer sich dann aufrafft wandelt auf einem landschaftlich wie historisch einzigartigen Terrain im Tiroler Unterland.

Apropos exotischer Name. Bedeutet der Name Brettfall, dass „Maria auf den Brettern gefallen“ war oder was? Ich zog Wikipidia zu Rate. Demnach gibt es zwei mögliche Erklärungen für den Namen. Er könnte sich einerseits vom lateinischen super vallem herleiten, was über dem Tal heißt. Andererseits ist auch die Herkunft vom lateinischen prae vallum möglich, was ‚vor dem Wall‘ hieße. Ich neige mit gutem Grund zu Variante zwei. Denn der Platz ist idealtypisch für einen keltisch-rätischen Kult- und/oder Brandopferplatz oder gar eine Wallburg. PraeVallum – Wallburg – Brettfall. Das klingt schon irgendwie überzeugend. Dieser ‚Fisch‘ wäre also geputzt.

maria brettfall

Einen Tipp noch vorneweg: Nehmen Sie von Jenbach her die Zillertalbahn bis Strass und planen sie nicht nur eine Wallfahrt zum Kirchlein sondern gleich einen Rundgang, der sie von Strass bis Rotholz führt. Und den ich als einen der schönsten im Tiroler Unterland bezeichnen möchte. Von Rotholz aus können sie übrigens wieder mit der Bahn nach Jenbach oder nach Strass zurückgelangen.

Vom Bahnhof Strass aus erreicht man die Wallfahrtskirche Maria Brettfall locker in etwa 30 bis 40 Minuten. Die Kapelle ist tatsächlich auf einem schwindelerregenden Platz erbaut, aus der ehemaligen Einsiedelei ist inzwischen – no na – ein Gasthaus geworden. Ganz in der Tradition Tiroler Gnadenorte: Die gnadenreiche Stelle hat immer Schenke und Kapelle.

Eine kurze Rast im Gasthaus ist dennoch angebracht. Auch um die Geschichte des Ortes Revue passieren zu lassen, die hauptsächlich von zwei Männern geschrieben worden ist: Steff Weymoser, der erste Eremit auf Brettfall und Franz Margreiter, einem Einsiedler und Sturkopf aus Alpbach. Weymoser war es übrigens, der den Gnadenort von vornherein berechenbar gemacht hat. Denn alle Weymoser nachfolgenden Eremiten mussten die Klause dem Vorgänger jeweils abkaufen. Man muss kein Historiker sein um zu wissen, dass Wallfahrtskirchen im Mittelalter eine außerordentlich gute Geldanlage gewesen waren.

Franz Margreiter aus Alpbach ist sicher der bekannteste Einsiedler auf Brettfall. Seine Leistung? Ihm gelang es, die von Josef II. angeordnete Schließung der Eremitage Anfang des 19. Jahrhunderts rückgängig zu machen. Dafür fuhr der ,Brettlfranzl‘ wie ihn der Volksmund nannte nach Wien. Erfolgreich, wie sich herausstellen sollte. Er konnte Gebet und Geschäft mit des Kaisers Billigung ausnahmsweise weiter betreiben.

jakobsweg

Nach der Stärkung in der Eremitage geht es dann weiter auf einem Höhenzug durch wunderbare Laub- und Nadelwälder. Übrigens auf der Route des Jakobsweges, der hier über den Höhenrücken führt. Bis sich dem Wanderer auf dem gut beschilderten Weg unversehens eine Ruine in den Weg stellt. Jene der Rottenburg oberhalb von Rotholz. Nicht nur eine Ruine, auch ein kleines Kirchlein erregt die Aufmerksamkeit der interessierten Wanderer oder Pilger_innen.

Zugegeben: ich habe im Anblick der massiven Mauerreste das erste Mal von der Existenz dieser Ruine Rottenburg erfahren. Offenbar vom 13. bis ins 15. Jahrhundert eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste aller Tiroler Burgen. Deren abruptes Ende 1410 erfolgte. Graf Heinrich VI. von Rottenburg verbündete sich mit den Bayern gegen den damaligen Landesfürsten Herzog Friedrich (mit der leeren Tasche). Dieser besiegte den aufständischen Grafen, und somit endet die  Herrschaft der Rottenburger. Die Burg wurde  während des Kampfes belagert und zum Großteil – das aber mehr als gründlich – zerstört.

Aber der Name des Kirchleins zur Heiligen Notburga sagte mir schon mehr. Eine Tiroler Heilige, das wusste ich. Und in der Tat: diese Frau lebte offenbar auf der Rottenburg. Sie ist aber keine ,normale‘ Heilige, denn ihre Verehrung hält ungebrochen bis in unsere Tage an. Ihre ,himmlichen‘ Zuständigkeiten sind einigermaßen lustig: Sie ist nicht nur die Patronin der Dienstmägde und der Landwirtschaft sondern auch der Trachtenträger und -trägerinnen. Und das nicht nur in Tirol. Vor allem in Niederösterreich wird die als Friedensbringerin gepriesene Notburga immer noch hoch verehrt. Vielleicht wegen der vielen Trachten im Land unter der Enns?

Der Rundweg ‚mündet‘ quasi in den Gasthof Esterhammer in Rotholz. Ein würdiger Abschluss eines Rundweges durch die Tiroler Geschichte. Denn die Familie Grauß führt das traditionelle Haus als Tiroler Wirtshaus bereits in der 10. Generation. Besonders interessant und eigentlich museale Raritäten: die heimeligen, holzgetäfelten Stuben. Alle im Original erhalten und gepflegt und bis zu 300 Jahre alt. Einen besseren Abschluss des Pilger-Rundweges kann man sich also nicht vorstellen. Vor allem auch deshalb, weil das Tiroler Wirtshaus kaum 500 m vom Bahnhof Rotholz der Zillertalbahn entfernt liegt.

Maria Brettfall: kauf Dir eine Wallfahrtskirche
5 (100%) 3 votes

Von in Tirol