Ischgl: Nicht der Weg ist das Ziel!

Man mag mit dem Ortsnamen Ischgl verbinden was man will. Nur eines geht gar nicht: zu behaupten, die Paznauner Tourismus-Metropole sei eine kulinarische Steppe oder gar eine touristische Burger-Pommes-Landschaft. Das pure Gegenteil ist wahr.

Denn auch heuer wieder überstrahlt ein Gourmet-die Erlebnis der besonderen Art den Alpsommer im Paznauntal: Der ,kulinarische Jakobsweg‘ vom 6. Juli bis zum 21. September 2014. Feinschmecker müssen zum wiederholten Mal wohl oder übel akzeptieren, in Bergausrüstung und derbem Schuhwerk (und nicht etwa in Smoking und glänzenden Lackschuhen) über Stock und Stein zu wandern um ihr erklärtes Ziel zu erreichen: eine von vier Schutzhütten hoch oben in den Bergen. Aber was lockt schon Kulinariker in die Bergeinsamkeit? Es sind die Jamtal-, Heidelberger-, Ascher und die Niederelbe Hütte, die vom strahlenden Glanz der Michelin-Sterne erhellt und mit dem Schimmer ,goldener Hauben‘ gesegnet werden.

Ich persönlich, als Jakobspilger geb ich das unumwunden zu, kann mit der Bezeichnung ,Kulinarischer Jakobsweg‘ nicht allzuviel anfangen. Mir bleibt nur zu vermuten, dass die Veranstalter – wie dereinst die Götter – vor den Erfolg den Schweiß setzen wollten. Und die dadurch nötige körperliche Betätigung auf Bergpfaden lediglich eine absichtliche Verführung zum Pilgern ist. Wobei auch das so nicht stimmen kann: denn der Weg ist für die Gourmets ganz sicher nicht das Ziel. Das ist vielmehr eine der vier Almhütten. Aber sei‘s drum.

Für viele Gourmets aus ganz Europa ist der kulinarische Alm-Höhepunkt in Ischgl bereits fixer Bestandteil der sommerlichen Urlaubsplanung. Und das mit Recht. Der unbestrittene Star der Tiroler Kochkunst und Chef des Gourmet Hotels Trofana-Royal, Martin Sieberer, versammelt gemeinsam mit dem Koch des Jahrhunderts Eckart Witzigmann Jahr für Jahr europäische Koch-Stars um sich. Heuer sind dies Russel Brown, Alfio Gluzzi, Giovani Oosters und Dieter Müller. Stolze Inhaber von in Summe sechs Michelin-Sternen. Jeder dieser Ausnahmekönner übernimmt für den Sommer die Patenschaft einer von vier Alpenvereinshütten. Und, natürlich weitaus wichtiger: Die Stars kreieren für ,ihre‘ Hütte ein exklusives Gericht für die Sommerspeisekarte.

Ganz besonders wichtig ist die Verwendung bzw. das Verkochen regionaler Spezialitäten. Was im Paznaun des Martin Sieberer seit Jahren (wenn nicht Jahrzehnten) der Brauch ist. Die Genussregion Paznauntal ist vor allem durch den schmackhaft-deftigen Almkäse bekannt geworden. Aber natürlich werden auch Speck und Wurst zu regionaltypischen Schmankerln verarbeitet.

Die Eröffnung der heurigen Saison erfolgt mit einem ‚Einpilgern‘ ab 9.30 Uhr mit der Wanderung von Ischgl auf die Heidelberger Hütte. Beim Kochen auf der Alm weihen alle Sterneköche die Hüttenwirte in ihre Rezepte ein und servieren den Gästen die vier neu interpretierten Gerichte auf Basis regionaler Spezialitäten.

Wenn ich mir viel entgehen lasse, dieses aber nicht: Alle Gerichte können bei der Eröffnungsfeier am 6. Juli auf der Heidelberger Hütte zu einem Preis von insgesamt 15€ verkostet werden. Ich sage nur Mahlzeit.

Das heurige ‚Pilgerprogramm‘

Insgesamt vier Genussrouten stehen den Genießer_innen auch heuer wieder zur Auswahl.

Heidelberger Hütte: Hier gibt‘s heuer Köstlichkeiten des Küchenchefs Alfio Ghezzi des Restaurants „Locanda Margon“ in Trient: Tagliatelle mit Kalbsragout an Parmesan Sauce, Ferrari Maximum Brut und Kaffepulver.

Jamtalhütte: Russel Brown, Chefkoch des Restaurants ,Sienna‘ in Dorset, an Englands Südküste, ist Hütten-Pate auf der Jalmtalhütte. Sein Gericht: in Zwiebel und Bier geschmortes Rindsbackerl mit Kartoffelpüree und Zwiebelvariation. Dazu eingelegte Schalottenringe, Röstzwiebel Frühlingszwiebel und süßes Zwiebelpüree.

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Niederelbe Hütte: Der Hüttenpate, Giovani Oosters, setzt Dinkelrisotto mit Paznauner Alpkäse, luftetrockneten Schinkenspeck, frische Kräuter der Region mit Rote Beete Carpaccio in Kirschbier, Senfpuder und Honig aus Ischgl auf die Speisekarte.

Ascherhütte: Dieter Müller, hoch dekorierter Deutscher Starkoch komponiert für seine Patenhütte gebratenes Saiblinsfilet auf Salat-Kräuterhaube mit Kartoffelstampf, Meerrettich-Senfsauce und Rote-Beete-Confit.

Ischgl: Nicht der Weg ist das Ziel!
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Von in Tirol