Heart Of Noise, oder: Warum es so ein Festival in Innsbruck braucht

2011 war es da. Ein Festival in Innsbruck, das sich ein wenig großkotzig und breitbeinig am Tiroler Festivalmarkt etablieren wollte. Stefan Meister und Chris Koubek, die Ideenhaber, Macher und Weiterspinner hinter dem „Heart Of Noise“, wollten damals schon keine Gefangenen machen und nannten das Festival im Zusatz kurzerhand „Festival für allerneuste Musik“. Dieser Zusatz ist mittlerweile zwar verschwunden, Bescheidenheit ist aber immer noch nicht die Haupteigenschaft des Festivals „Heart of Noise“. Muss auch nicht sein.

Ja doch. Es gab damals auch schon andere Festivals, die sich, zumindest zum Teil, für das Experiment in der Musik stark gemacht und interessiert haben. „Klangspuren“, Teile von „Musik+“ und auch Aspekte des „Osterfestivals Tirol“ waren auch bisher nicht gerade dafür bekannt, dass sie sich mit althergebrachter und zu Tode kanonisierter Musik beschäftigten und beschäftigen. Immer war mehr als nur ein Fenster in Richtung Aktualität und neueste Entwicklungen geöffnet. Allerdings ohne sich explizit für Trends, allerneuste Entwicklungen, coole Labels & Co. zu interessieren.

Es muss was geben: Das „Heart Of Noise“ in Innsbruck

Vielleicht ging das Stefan Meister und Chris Koubek aber nicht weit genug. Sie hatten wohl anderes im Sinn. Ein wenig lässiger und cooler musste es ja nun wirklich gehen. Neueste Entwicklungen in der elektronischen Musik sollten eingebunden werden und interessante Plattenlabels sollten auch ihre Acts beim „Heart Of Noise“ unterbringen können. Auch das Publikum sollte ein bisschen anders sein, denn von all diesem großbürgerlichen Bildungsbürger-Getue und Rotwein-Genippe wird einem ja auch die Lust an der besten Musik verleidet.

Gedacht, gesagt, getan: 2011 war es so weit und unter in der Innsbrucker „Off-Szene“ relativ lautem Getöse fand das erste „Heart Of Noise“ statt. Mit dem leicht ironisierter Zusatz „Festival für allerneuste Musik“. Damit auch klar war, dass man die sogenannten „Neue Musik“ eigentlich für einen alten Hut hielt und sich stattdessen lieber um ganz aktuelle Entwicklungen in der Musik kümmerte.

2011 war „Drone“ ganz stark im Mittelpunkt, da diese Musikrichtung, ein wenig aus der Minimal-Music stammend und in diesem Geiste stehend, damals sehr angesagt war. 2013, mittlerweile ohne den Anspruch „allerneuste Musik“ anzubieten, auch weil es sich vielleicht jetzt von selbst verstand, kümmerte man sich um Detroit-Techno und ganz generell sehr stark um Entwicklungen und Geschichte der elektronischen und zugleich auch tanzbaren Musik. Noise und Drone waren ein wenig von der Bildfläche verschwunden. Vor allem Drone hatte sich ja, das mussten wohl auch Meister und Koubek einsehen, als etwas kurzlebiges Phänomen heraus gestellt.

Mittlerweile schreiben wir aber bekanntlich schon das Jahr 2014. Und eine absolute Konstante gibt es aber im Programm des „Heart Of Noise“ immer wieder: Es werden viele lokale Acts und einheimische MusikerInnen eingebunden. Diese können zwar dem zum Teil internationalen und manchmal auch musikalisch hochkarätigen Acts in den seltensten Fällen das Wasser reichen. Aber löblich ist dieser Ansatz allemal, zumal für die lokalen Acts, Musikerinnen und Künstler selbst. Ob man sich das als Besucher und Zuhörer auch antun sollte, muss jeder für sich selbst entscheiden. Den Mutigen gehört bekanntlich die Welt. Und wer sich nicht immer Weltklasse erwartet, kann vielleicht auch so manch kleine Überraschungen erleben.

Einige internationale Hochkaräter wie z.B. Wolf Eyes oder Holly Herndon sind jedenfalls beim diesjährigen „Heart Of Noise“ vertreten. Da sieht man gerne darüber hinweg, dass weniger vielleicht auch mal mehr wäre und dass drei Tage mit hochkarätiger Musik in einem doch relativ eng gesteckten musikalischen Kontext ganz einfach schwer zu halten sind.

Dennoch: Das „Heart Of Noise“ hat enormes Potential, das Jahr für Jahr wieder zum Vorschein kommt. Trotz ein paar Schwachpunkten. Subjektiv von meiner Warte aus betrachtet: Vielleicht weniger Wert legen auf Coolness, lässige aktuelle Labels usw. und mehr auf Kollaborationen mit Projekten wie z.B. den „Klangspuren“, die es ja schon im zweiten Jahr des Festivals gab und die ganz famos war? Der Abend an dem Eva Reiter auf die Wolves in The Throne Room traf war für mich legendär. Vielleicht in Zukunft ein wenig mehr Reibeflächen zwischen disparaten Stilen, Genres und BesucherInnen? Jetzt mal so als persönliche Wunschliste formuliert.

Aber letztlich ist das doch alles ein Jammern auf hohem Niveau. Innsbruck braucht das „Heart Of Noise“ zweifellos mehr wie das „Heart Of Noise“ Innsbruck braucht. Ein cooles, lässiges und modernes Festival, das manchmal vielleicht ein wenig zu nah am Puls der Zeit ist und auch manch Halbgares anbietet. Dafür weiß man aber, was in bestimmten Genres gerade so läuft. So schnell wird man sicherlich sonst nie auf den neuesten Stand gebracht. Allein schon deshalb lohnt sich ein Besuch des „Heart Of Noise“. Demnächst in Innsbruck. Vom 06.06. – 08.06. Und ein „Warm-Up“ in der P.M.K. wird es am 22.05. auch schon geben. Gut so. Ich bin dabei.

Heart Of Noise, oder: Warum es so ein Festival in Innsbruck braucht
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Von in Tirol

  • Ron

    ey, was tuschn heit abend makko? sollma r oan saufn gehn?

  • Ron

    der artikl isch topclass, endlich verschteah i wos du moansch, weil i s verschteah

  • Markus Stegmayr

    Ron: Danke fürs Kompliment. Und ja: gerne mal ein gemeinsames Getränk in nächster Zeit 😉

  • G3

    es geht immer wieder nur darum wie man richtig verkauft – und die Masse kauft, egal was ihr vorgesetzt wird ohne nachzudenken.