Der Opferwidder in Virgen: Ja spinnen die, die Osttiroler?

Entschuldigt mich bitte jetzt einfach schon mal, liebe Osttirolerinnen und Osttiroler. Aber als ich vom Brauch des Opferwidders in Virgen gehört habe, dachte ich erst einmal an Obelix. Frei nach Obelix fiel mir zu allererst ein abgewandeltes Zitat ein, das dem gutmütigen Dicken zugeschrieben werden konnte, der als Kind in den Zaubertrank fiel: „Die spinnen, die Osttiroler.“ Aufder einen Seite fiel mir dann auch gleich ein Gegenargument ein: In Osttirol ist man halt traditionsbewusst.

Ein wenig archaisch und wild ging es da jedenfalls immer schon zu, vor allem in den Tälern. Dazu denke man einfach nur mal an die Wilderergeschichte rund um Pius Walder, die anderswo vielleicht wie eine Erzählung aus grauer Vorzeit klang, in Osttirol aber kaum mehr als 30 Jahre zurücklag. Manch einer war gar geneigt, vom „wilden Osten“ zu reden. Ein wenig spöttisch vielleicht, aber auch anerkennend, mit Respekt. Die Osttiroler, die trauen sich halt noch was und die Osttiroler halten halt die Tradition noch hoch. Kann man so sagen. Und die Tradition des Opferwidders in Virgen war und ist so ein interessantes Stück Tradition, das die Osttirolerinnen und Osttiroler alljährlich hochhielten.

Von der Pest bis ins Heute: Der Opferwidder in Virgen 

Dabei geht die Tradition und der Brauch des Opferwidders auf eine überaus ernste Sache zurück: Die Pest. Um 1630 machte sie auch vor Virgen nicht halt. Die Gründe bzw. Erzählungen warum der Opferwidder dabei ins Spiel kam, differieren. Eine schöne Erzählung in dieser Sache ist, dass es damals eine Bittprozession gab.

Die an dieser Prozession beteiligten Menschen sahen dann einen Sensenmann aus dem Wald treten. Der Schrei der Leute aufgrund dieses unschönen Anblicks wurde erhört: Ein weißer Widder stürzte sich auf den Sensenmann und macht mit diesem kurzen Prozess. Ruckzuck wurde nach diesem Erlebnis beschlossen, einen schönen, weißen, ungeschorenen, drei Jahre alten Widder in einer Prozession von Obermauern nach Maria Lavant zu führen und ihn dort zu opfern.

Ein anderer Ansatz ist ganz einfach die Tatsache, dass ein Widder damals ein schönes und gutes Opfer gewesen ist, denn reich war man zu dieser Zeit ja nur in den seltensten Fällen. Damals konnten die Gemeinden Virgen und Prägraten sogar als verschuldet bezeichnet werden. Kurzum: Mit diesem respektablen Opfer versuchte man Gott milde zu stimmen, damit es mit der Pest bald vorbei war. Das Gelöbnis des Baus eines Bildstockes und die jährliche Prozession inklusive Widder und inklusive Opferung war ein Weg zum erhofften Ziel der Erlösung von der Pest. Das klappte vorerst auch Recht gut, aber offenbar nahm man das alles nicht ernst genug, denn die Pest kehrte damals kurze Zeit später zurück.

Die Ernsthaftigkeit kann nur mehr schwer nachgeprüft werden. Und von der Pest sind wir auch schon ein paar Jährchen entfernt. Auch der Weg von Obermauern nach Maria Lavant hat sich ein wenig verkürzt, da dieser wohl den Menschen heute nicht mehr wirklich zugemutet werden konnte. Vermutlich ist der Leidensdruck einfach zu klein. Heute muss der Weg in die Wallfahrtskirche „Maria Schnee“ nach Obermauern genügen. Dort wird dann der traditionelle Gottesdienst gefeiert und der Widder anschließend verlost.

Bei genauerem Hinsehen also: Doch nicht so wild, dieses Osttirol. Widder werden hier nicht blutrünstig am Alter geopfert. Dafür wird der Widder sauber gewaschen, mit Bändern geschmückt und dann dort drei Mal um den Hochaltar geführt.

So oder so jedenfalls Grund genug um dabei zu sein. Werner Kräutler wird sich den Opferwidder und die ur-uralte Tradition ganz genau ansehen. Ein ausführlicher Bericht von ihm folgt demnächst!

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Von in Tirol