Wunder-Wege in Tirol: Maria Waldrast

Pilgern ist spätestens nach dem Erscheinen des Buches „Auf dem Jakobsweg“ von Paulho Coelho vor rund 20 Jahren wieder ins Blickfeld von Sinnsuchenden gerückt. Aber es sind nicht nur die großen Pilgerwege, die interessieren und faszinieren, wie etwa die Jakobswege nach Santjago de Compostella. Sozusagen im Verborgenen haben viele Tiroler Wunder-Wege die Zeiten überdauert und nie an Attraktivität verloren. Es sind jene Pfade, auf denen Menschen vermutlich schon seit Jahrtausenden zu Heiligen Stätten wandeln. In der Hoffnung auf Heilung, Erhörung ihrer Anliegen oder einfach als rituelles Brauchtum. Viele dieser Pfade werden noch heute von Suchenden begangen. In der Hoffnung auf ein Wunder oder zumindest auf ein besseres Leben.

Die Tiroler Wunder-Wege zeichnen sich heute noch durch eine Art der Volksfrömmigkeit aus, die überraschend ist. Entlang dieser Wege befinden sich meist kleine Kapellen, Votivbilder oder Kreuzwegstationen, die dem Pilger die Richtung zu seinem Ziel weisen. Das oft erst nach mehrstündigem Pilgern auch leicht ermattet erreicht wird.

Wunder-Weg zum legendären Wasser

Ein solcher Tiroler Wunder-Weg ist jener zu einem der höchst gelegenen europäischen Klöster – nach Maria Waldrast im Wipptal auf rund 1.650 m. Berühmt für sein unvergleichliches Wasser ist Maria Waldrast ein schönes Beispiel dafür, dass es im verkehrsüberfluteten Wipptal Plätze und Wege gibt, die das genaue Gegenteil zu Lärm, Abgasen und Hektik darstellen: Stille, Ruhe und – man möchte sagen – Einsamkeit.

Mit dem Zug von Innsbruck erreicht man den Bahnhof in Matrei/Brenner durch eine interessante Fahrt unter der Europabrücke hindurch nach kurzer Zeit. Im Ortsteil Mützens beginnt dann der eigentliche Pilgerpfad nach Maria Waldrast. Nach rund 20 Minuten teilt sich der Weg – die Pilger folgen dann dem ‚Quellenweg‘, der an abgelegenen Bergbauernhöfen und durch abgeschiedene Wälder führt. Nach rund eineinhalbstündigem Aufstieg dann ein erster Höhepunkt dieses Wunder-Weges: das Siebenbrünnl. An dieser Stelle entspringen sieben Quellen die den Mützener Bach speisen. Urplötzlich aus dem Stein quellend, vereinigen sie sich bereits nach wenigen Metern zum sprudelnden und gurgelnden Wildbach. Ein Naturschauspiel, das in dieser Form sehr selten zu beobachten ist. Und das den Reiz dieser Landschaft ausmacht. Ganz sicher hatten Menschen in prähistorischer Zeit diese Quellen bereits gekannt und mit größter Wahrscheinlichkeit diese auch als Gottheit verehrt.

Maria Waldrast selbst ist ein kleines Juwel. Das relativ große Klostergebäude der Serviten wird von einem eher winzigen Turm der Kirche überragt. Der berühmte Brunnen ist das erste Ziel von Pilgern und Wanderern. Dessen Wasser soll das mit Abstand beste in der k.u.k.-Monarchie gewesen sein. Heute noch füllen Menschen dieses unvergleichliche Wasser massenhaft in Flaschen ab, die sie dann kistenweise in ihre Fahrzeuge laden.

Der eigentliche Kraftplatz zu Maria Waldrast

Aber der eigentliche ‚Kraftplatz‘ von Maria Waldrast befindet sich nicht in der Kirche. Ein Nebengebäude beherbergt einen Punkt, den auch der bekannte Innsbrucker Radiästhet Jörg Purner als außergewöhnlich betrachtet. Der Kraftpunkt ist in Form eines Achteckes in den Boden eingelassen. Stellen sich fühlige Menschen auf ihn, verspüren sie ein eigenartiges Kribbeln das bis zu einer unangenehmen Erwärmung der Fußsohlen reichen kann.

Dass der Ruf von Maria Waldrast außergewöhnlich ist, belegt die Tatsache, dass die Legende vom ‚Gnadelbild von Maria Waldrast‘ von Jakob und Wilhelm Grimm in ihren Deutschen Sagen Berücksichtigung fand. Auch die vielen Votivtafeln künden von dieser uralten Kultstätte mit heilkräftiger Wirkung. Weggelegte Krücken, Bandagierungen und Sehbehelfe zeugen von diesem wundertätigen Ort. Eine sehr gute, ausführliche Beschreibung aus volkskultureller Sicht bietet übrigens das Portal sagen.at.

Nach einer Stärkung im Klostergasthof gibt es zwei Möglichkeiten des Abstieges ins Tal: zurück nach Matrei oder den Weg ins benachbarte Stubaital. Wer den Weg ins Stubaital wählt, wandelt entlang der alles überragenden Serles, des ‚Tiroler Hochaltares‘. Beeindruckend die vielen Zinnen und Spitzen des Berges, der sich erst auf größere Entfernung hin zu jenem Symbol formen, das seine Unvergleichbarkeit ausmacht: die mystische Form des Dreiecks.

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Von in Tirol