Zillertal langsam: Durch das Zillertal mit der Zillertalbahn

Wir leben in einer Welt der Beschleunigung. Das wissen nicht nur manche Kulturpessimisten, sondern das weiß intuitiv jeder, der einmal längere Zeit in einer Stadt oder in einer Großstadt gelebt hat. In Japan und im Fernen Osten generell werden die Züge immer schneller. Manche sausen derzeit gar schon versuchsweise mit 600 km/h durch die Landschaft. Ich denke mal ich bin nicht der einzige, der das verrückt findet. Was wir brauchen ist nicht noch mehr Beschleunigung, sondern wir brauchen wieder Entschleunigung. Und genau die kann man im Zillertal finden.

Es ist nämlich eine einigermaßen paradoxe Situation: Indem wir in einer sich ständig beschleunigenden Zeit leben, haben wir immer weniger Zeit. Ja doch, unsere Züge und Flugzeuge sind schneller geworden, aber auch die Kommunikation ist schneller geworden und verlangt fast schon Echtzeit wenn es um das beantworten von E-Mails, Chatanfragen oder was weiß ich alles geht. Durch diese Beschleunigung müssen wir immer mehr in immer kürzerer Zeit tun. Das Effizienzdenken des Zeitalters der Beschleunigung hat sich längst gegen sich selbst gerichtet.

Das Zillertal: Eine Oase der Langsamkeit

Aber ich bin sicher: Es gibt noch Oasen. Orte der Entschleunigung. Orte und geographische Räume, an denen sich nicht immer alles schneller und noch schneller dreht. Für mich ist das Zillertal ein solcher Ort und die Zillertalbahn ist ein perfektes Beispiel für eine mögliche Entschleunigung. Dort sind nicht nur Diesel-Lokomotiven, sondern sogar noch Dampf-Lokomotiven im Einsatz.

Ich meine: Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen und sich diesen Kontrast einfach mal ganz deutlich vor Augen halten. Während in Japan Züge wohl bald auf ausgewählten Strecken immer und überall bis zu 600 km/h schnell sein werden, wird im Zillertal noch zum Teil die gute alte Dampf-Lokomotive eingesetzt und hochgehalten.

So werden wohl bald viele Züge in Japan aussehen...
So werden wohl bald viele Züge in Japan aussehen…

Wie soll man das nennen? Nostalgie? Rückwärtsgewandheit? Ich denke nicht. Denn eigentlich geht es bei der Zillertalbahn um etwas ganz anderes. Es geht natürlich darum, auch an vergangene Zeiten zu erinnern. Es geht aber auch darum, das Tempo rauszunehmen. Die Zillertalbahn wird somit zu einer Bastion der im Moment vielgepriesenen und vielgesuchten Entschleunigung.

... und so wohl auch noch in absehbarer Zeit im Zillertal!
… und so wohl auch noch in absehbarer Zeit im Zillertal!

Und auch da passiert eine Sache, die eigentlich widersprüchlich ist. Wer sich bewusst für eine Fahrt mit der Zilllertalbahn entscheidet, der hat eigentlich mehr Zeit. Ganz einfach schon mal deshalb, weil man in dem Zeitraum, in dem man mit der Zillertalbahn durchs Zillertal fährt, mehr wahrnimmt.

Während ich in Japan mit einem sehr schnellen Zug von A nach B komme und die Landschaft an mir vorbeirast kann ich bei einer Fahrt durchs Zillertal wieder ganz bewusst wahrnehmen, die landschaftliche Schönheit genießen. Ich komme vielleicht ein paar Augenblicke später an. Aber ich habe wesentlich mehr erlebt und bin wesentlich entspannter und glücklicher.

Wenn ich dann auch noch ganz entspannt auf Kaffee und Kuchen in einem schönen Hotel im Zillertal gehe, dann ist die Entspannung perfekt. Wenn ich von der Terrasse des Hotels einen Blick über ganz Fügen habe, dann ist absolute Entspannung schon zum Greifen nah. Da kann kein hektisches Business-Lunch in New York, Tokio oder anderswo mithalten.

Seht ihr. Das ist für mich Entschleunigung. Sich Zeit nehmen. In dieser Zeit mehr und intensiver erleben. Darum geht es. Das hat auch das Zillertal zum Glück erkannt. Zum Glück für mich und zum Glück für alle, die das Zillertal noch entdecken möchten.

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Von in Waldfriede