Ramsau, Klettersteig-Schein: Ja, ja, und nochmals ja!

Svickova/Wikipedia

Der Klettersteigschein nimmt mir die Freiheit, in den Bergen eigenverantwortlich zu sein. Aber mein zerschmetterter Schädel, weil ich z.B. das mit den zwei Karabinern nicht verstanden habe, nimmt mir keine. Oder? Der Klettersteigschein wertet meinen Sport – und mich – ab, weil sich dann andere auch auf den Berg trauen. Schlechtere als ich, Uncoolere als ich, Flachlandtiroler…

Ja wo sind wir denn?

Im vorletzten Jahrhundert, als der Berg noch unser Feind war, den es im heroischen Kampf zu bezwingen galt? Oder fehlt uns nach Einführung des Klettersteigscheins die Möglichkeit, mit kühnen und überaus heroischen Abenteuern zu prahlen:

“… zurück um keinen Preis … des Haltes beraubt, gleitet der Fuß alsbald zurück, ich komme auf der Platte zu liegen, und der umkippende Block berührt bereits meinen Hut … Wer mit mir geht, der sei bereit zu sterben!”

(Hermann von Barth, Karwendel-Erschließer, zit. nach Heinz Zak, Karwendel, München 1990)

Das meinen die Profis zum Thema: „Die Zahl der gemeldeten Unfälle an Klettersteigen hat sich seit 2000 verdreifacht … ‚Schwierige und lange Steige sind in Mode gekommen‘, sagt Florian Hellberg, Sicherheitsforscher beim DAV. Deshalb begrüßt er den Ramsauer Klettersteigschein.“

Damit das nicht passiert...
Damit das nicht passiert… (Foto: WarX/Manuel Strehl)

Die Welt hat sich geändert, wir auch ein bisschen

Wir leben, das ist allgemein bekannt, im 21. Jahrhundert. Die Berge sind kein Schauplatz übermenschlicher Kämpfe gegen wilde Schrofen mehr. Sie sind Sehnsuchtsort, Erholungsraum und, das vergessen wir ja gerne, Lebensraum. Lebensraum, der nicht mehr nur als feindlich und abweisend wahrgenommen wird.

Wir haben das Recht, unseren Schädel mit einem Helm zu schützen, das haben wir gelernt. Und gottseidank lernten wir noch manches: Ärzte waschen sich die Hände, bevor sie in unseren Eingeweiden herumwühlen, Eltern reden mit ihren Kindern und prügeln ihnen nicht mehr die Seele aus dem Leib, wir stülpen uns einen Gummi über, wenn wir…

... sollten wir ein paar Kleinigkeiten lernen. (Foto: Savognin Tourismus)
… sollten wir ein paar Kleinigkeiten lernen. (Foto: Savognin Tourismus)

Und wir machen den Klettersteigschein, wenn wir erstmals einen Klettersteig begehen wollen. Schließlich haben wir auch gelernt, mit Messer und Gabel zu essen, zu lesen und zu schreiben und uns den Hintern sauber abzuwischen.

Wo da meine Freiheit verlorengegangen sein sollte, muss mir einmal jemand erklären. So schauts aus.

Fotos: Svickova, WarX/Manuel Strehl, Savognin Tourismus
Ramsau, Klettersteig-Schein: Ja, ja, und nochmals ja!
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Von in Gschichten.com

  • Mike Scholz

    Diese Argumentation ist mehr als fadenscheinig. Etwas zu machen bloss weil „man es so macht“ ist doch kein Argument ? Die persönliche Freiheit endet dann wenn ich etwas tun muss was ich eigentlich nicht brauche „nur damit es eine Forderung von anderen erfüllt“ die mich überhaupt nicht kennen noch beurteilen können. Diese Beurteilung wird einfach unter den Tisch gekehrt, sind doch alle potentiellen Begeher unfähige Selbstmörder..;
    Sehr bedenklich wenn zudem noch ein kommerzieller Aspekt dahinter steckt wie es hier der Fall ist. Würde es hier ein Pflicht geben dann ist es nicht anders wie mit dem Führerschein für KFZ’s. Er wird gemacht und dennoch ändert es rein gar nichts an leichtsinnigem verantwortunglosen und absolut nichtangepassten Verhalten in Strassenverkehr. Denn die diejenigen die ein egoistisches und leichtsinniges Wesen innehaben werden dies auch nach einem „Führerschein“ – egal welcher Art – auch nicht ablegen. Eher im Gegenteil: diese haben dann eine offizielle Freigabebescheinigung und fühlen sich vielleicht noch mehr bestätigt in Ihrer Handlungsweise. Gerade die Freiheit sich SELBER zu bilden, selber auszusuchen welche Bildung – und von wem – ich brauche und selbstverantwortlich zu handeln macht doch den Reiz aus sich in der Natur zu bewegen. Natur heisst auch in einer natürlichen Umgebung zu sein die nicht reglementiert ist sondern in der man sich natürlich und naturverträglich aufhalten kann. Wenn einem Menschen Verantwortung abgenommen wird ist das ein Grad der Entmündigung und definitiv ein Freiheitsverlust der gravierend ist. Denn wie soll es weitergehen wenn alle Stätten des Risikos irgendwann reglementiert werden ? Der Mensch der reglementiert wird wird zwangsläufig immer unselbstständiger und unfähiger SELBER zu entscheiden und Verantwortung zu übernehmen. NEIN danke zu einem Klettersteigschein und JA zu selbstverantwortlichem und kameradschaftlichem Helfen und Unterstützen am Berg.

    • Heinz Modlik

      Servus Mike,
      sorry für die verpätete Antwort! Du sprichtst den zentralen Punkt klar an: die Pflicht. Diese wird es nicht geben, und es kann sie auch gar nicht geben. Da stimme ich dir völlig zu. der Klettersteigschein ist ein Angebot, eine Lernmöglichkeit. Natürlich kann jeder das Klettersteiggehen auch ohne diese Schein erlernen. aber es gibt viele Leute, die ohne elementares Grundwissen in Klettersteige einsteigen, das habe ich schon öfters erleben müssen. Was du abschließend zu selbstverantwortlichem Handeln und zur Hilfe gesagt hast, ist natürlich völlig richtig und kann nur unterstrichen werden!