Die erste Liebe wiedersehen beim Klettern in Kufstein

Es gibt einen guten Grund, warum Tirol ein Transitland ist. Man hält es hier nicht lange aus und verspürt einen inneren Drang, von hier zu verschwinden. So ging es zumindest mir vor vielen Jahren, als ich beschloss, meiner Heimat den Rücken zu kehren. Hohe Berge, die mir die Sicht verstellen, enge Täler, durch die der Föhn weht und die „bisch a Tiroler…“ Mentalität machten mir die Entscheidung damals ziemlich einfach. Vor allem da ein guter Job in der weiten Welt lockte. So schön Tirol auch ist, da draußen muss doch noch mehr sein, dachte ich. Ich ging also weg von daheim, von den Freunden und der Familie, denn ich wollte die Welt sehen und was erleben. Das ist jetzt viele Jahre her. Meine alte Heimat habe ich seitdem nur mehr aus der Ferne betrachtet, denn ich bin viel herumgereist. Aber immer hab ich sie im Auge behalten, nicht zuletzt dank dem Kufsteinblick.

Die Scheffauer Nordwand beeindruckt. Klettern in Kufstein heißt auch von einer wunderschönen Naturkulisse umgeben zu sein.
Die Scheffauer Nordwand beeindruckt. Klettern in Kufstein heißt auch von einer wunderschönen Naturkulisse umgeben zu sein.

Eines Tages war es dann endlich soweit. Ich überquerte die Grenze und war wieder zurück, auf Heimaturlaub. Der Grund dafür war simpel. Nicht das Tiroler Gröstl hab ich vermisst oder vielleicht die Feierwut. Nein, es waren schlicht und einfach die Berge. Wer gerne klettern will, der braucht Berge! Und ich wollte klettern in Kufstein. Da ich hier niemanden mehr kannte, musste ich mich auf die Suche nach einem Kletterpartner machen. Am besten funktioniert das in einer Kletterhalle, wo Gleichgesinnte unter sich sind. Aus diesem Grund machte ich mich auf in die Kletterhalle Wörgl, um ein bisschen bouldern zu gehen.

Klettern in Kufstein, aber wer geht mit?

Die Zeit verging und ich kletterte einen Boulder nach dem anderen. Irgendwie hatte ich mir das einfacher vorgestellt, aber die meisten kommen eben schon zu zweit hierher. Als ich schon wieder gehen wollte, kam sie bei der Türe herein. Lange schwarze Haare und die Kleidung verriet sofort, hier kommt eine Kletterin. Chillaz stand in großen Lettern auf ihrem Shirt, und nicht nur die Klamotten weckten sofort mein Interesse. Schnell die weißen Hände an der Hose abgeputzt, das letzte bisschen Mut gepackt und direkt auf die hübsche Sportlerin zugehen. Ich tippe ihr sanft auf die Schulter. Sie dreht sich zu mir um und schenkt mir ein Lächeln.

Morgenstunde im Kaisergebirge. Früh aufstehen lohnt sich.
Morgenstunde im Kaisergebirge. Früh aufstehen lohnt sich.

Doch das Lächeln weicht bald einem offenen Mund mit weit aufgerissenen Augen. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Das kann doch nicht wahr sein! Sie ist es wirklich! Julia, die Kleine mit den Zöpfen, die immer den gleichen Schulweg hatte wie ich. Wie bin ich in sie verliebt gewesen! Ich bringe kein Wort heraus und steh wie angewurzelt da. Julia gewinnt als erste wieder die Fassung und fällt mir um den Hals. Meine Güte, wie lange haben wir uns denn nicht gesehen? Das muss ja eine Ewigkeit her sein, 10 Jahre sicher, oder? Was machst du hier? sprudeln die Fragen aus ihr heraus. Immer noch überrascht stammle ich ähh klettern, ja genau, klettern in Kufstein will ich. Das war ja schließlich der Grund für meinen Besuch. Hast du jemanden? Ich meine, jemandem mit dem du kletterst? kommt die schüchterne Frage. Nein, leider, antworte ich, aber willst du vielleicht… Sie strahlte mich an und meinte nur na klar, ich geh mit dir klettern in Kufstein. Lass uns doch morgen auf die Kaindlhütte gehen, dort gibt’s ein paar schöne Klettertouren.

Auf der Alm, da wird auch geklettert

Die Idee gefiel mir außerordentlich gut, und wir vereinbarten gegen Mittag zur Hütte aufzusteigen. Da blieb mir noch ein bisschen Zeit, um vorher in der Alpinerei vorbeizuschauen. Mein Material ist nicht mehr wirklich aktuell und Blöße wollte ich mir vor Julia keine geben. Den Aufstieg zur Kaindlhütte brachten wir am nächsten Tag schnell hinter uns und gleich danach ging’s weiter in den nahe gelegenen Klettergarten zum Aufwärmen. Ein paar einfache Routen später war schnell klar, wer von uns beiden der bessere Kletterer ist. Nun ja, zumindest war mein Material nagelneu und sie machte mir ein Kompliment dafür. Was hälst du von einer Mehrseillängentour? Ich hab‘ auf meiner Lieblingskletterseite eine schöne Route gefunden. Heißt Nordwandliebe, klingt doch gut, oder? Und wie gut das klang, da brauchte sie mich gar nicht lange bitten. Schon kurze Zeit später standen wir beim Einstieg.

Wer hier nur drüber fliegt, verpasst definitiv etwas. Das Kaisergebirge beim Klettern in Kufstein.
Wer hier nur drüber fliegt, verpasst definitiv etwas. Das Kaisergebirge beim Klettern in Kufstein.

Nordwandliebe beim Klettern in Kufstein

Die Tour war der reinste Genuß. Die Schwierigkeiten waren schön gleichmäßig verteilt, das meiste war schöne Kletterei in recht kompaktem Fels. Einige Stunden später stehen wir dann endlich am Gipfel des Scheffauer und blicken über das herrliche Kaisergebirge. Das Klettern in Kufstein belohnt auch mit wunderbarer Aussicht.

Tapfere Kletterin: Julia
Tapfere Kletterin: Julia

Die Zeit drängt allerdings ein bisschen und so machen wir uns bald an den Abstieg über den Widauersteig zurück zur Kaindlhütte. Ins Tal runter werden wir’s wohl nicht mehr schaffen, meint Julia, lass‘ uns doch die Nacht auf der Hütte verbringen! Wer würde sich da schon widersprechen trauen! Kurz darauf saßen wir bereits bei einem Egger Bier vor der Hütte und schauten der glutroten Sonne beim Untergehen zu. Bald danach verschwanden auch wir nach drinnen und unter die rot-weiss karierte Bettwäsche. Wenn Hüttenwände reden könnten…

Am nächsten Morgen machten wir uns gleich nach dem Frühstück auf den Rückweg nach Kufstein. Das Wetter war grandios und unsere Laune auch. Es schien ein weiterer perfekter Tag zu werden. Eigentlich ist es schon schön hier, dachte ich mir im Stillen. Manchmal muss man vielleicht erst weggehen von daheim, um zu merken wo man wirklich zu Hause ist. Und dass mir Julia in die Hände gelaufen ist, macht die Sache noch einfacher. Ich werde in Zukunft wohl wieder öfter in der Heimat zu finden sein. Und für heute Abend haben wir auch schon ein Date ausgemacht. Wir gehen auf ein romantisches Dinner ins kleinste Brückenrestaurant der Welt im Auracher Löchl. Einen schöneren Abschluss kann es für einen perfekten Tag nicht geben.

Die erste Liebe wiedersehen beim Klettern in Kufstein
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Von in Gschichten.com