Heimat ist ein Wort mit starker Bedeutung. Sie wird verteidigt und geliebt, aber auch verlassen und vergessen. Von manchen wird sie auch gnadenlos verherrlicht, ja sogar idealisiert. Völlig frei von jeglicher objektiven Betrachtung. Wer nichts anderes kennt, muss das lieben, was er hat. Zu schätzen weiß die Heimat aber wohl nur der, der sie schon einmal vermisst hat. Und dafür muss man sie verlassen. Nicht nur für ein paar Tage, sondern für Monate oder Jahre. Am besten die Welt bereisen, woanders leben, andere Länder erfahren. Irgendwann stellt sich dann bei den meisten die Erkenntnis ein: hier bin ich daheim. Oft genug, ist das DER Ort, den man zuvor verlassen hat.
Ist jetzt derjenige der Klügere, der diesen Ort erst gar nicht verlassen hat? Eher nicht, denn er kennt ja nur das Altbekannte und sonst nichts. Erst der Vergleich macht sicher. Und den hat nur, wer zuvor Neues für sich entdeckt hat. So erging es auch mir. Mitte Zwanzig hält einen nur wenig daheim. Alles ist bekannt und irgendwie langweilig. Draußen in der Welt gibt es noch so viel zu entdecken, so viel Neues zu erforschen. Die Pracht der Heimat ist uninteressant, alte Traditionen nebensächlich, und die gelebten Werte scheinen überholt. Dieses Gefühl hatte auch ich, als ich Tux damals den Rücken kehrte.
In der ganzen Welt zuhause, aber doch nie daheim
Hauptsache weg und möglichst viel von der Welt sehen. Dank meines Jobs war das möglich, ja sogar notwendig. Meine Reise führte mich rund um den Globus, in fremde Länder, auf andere Kontinente. Ein paar Jahre hier, ein paar Monate dort. Ich gondelte von einer Stadt in die Nächste. Gesehen und erlebt habe ich in dieser Zeit vieles. Das Meiste davon war schön, manches hat mich zumindest weiser gemacht. An meine alte Heimat dachte ich kaum. An vielen Orten war ich zu Hause, aber nie hatte ich das Gefühl: hier bin ich daheim.
In letzter Zeit fühlte ich, dass sich eine gewisse Leere in meinem Leben breitmachte. Was der Grund dafür war, konnte ich nicht wirklich sagen. Wie ich sie loswerden konnte, auch nicht. Eines Tages schlenderte ich in irgendeiner anonymen Großstadt gelangweilt durch einen Flohmarkt. Bei einem Stand mit alten Ansichtskarten blieb ich kurz stehen. Plötzlich erfassten meine Augen einen Anblick, der mir seit Kindesbeinen an, vertraut ist. Eine alte Aufnahme des Tuxerjoch Haus mit dem Hintertuxer Gletscher im Hintergrund. Dieselbe, die ich immer bei meinem Opa in der Küche bewundert habe.
Mein Tux, meine Heimat!
Gebannt starre ich minutenlang auf die Ansichtskarte. Erinnerungen kommen in mir hoch, sie überfluten mich förmlich. Mein Tux, die Berge und ihre Hütten, meine Familie, die Natur, meine alten Freunde, es nimmt kein Ende! Hier bin ich daheim! Wie lange war ich schon nicht mehr dort? Es muss wohl schon 20 Jahre her sein. Ich kaufte die Ansichtskarte und machte mich sofort auf den Rückweg in meine Wohnung. Es stieg eine Sehnsucht in mir hoch, die ich in dieser Form noch nie zuvor gespürt hatte. Ich musste wieder zurück an den Ort meiner Kindheit.
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Einige Tage später war es soweit. Bereits bei der Ankunft am Flughafen spürte ich dieses vertraute Gefühl des Ankommens. Je näher ich an Tux kam, desto intensiver wurde es. Alles rundherum war wohl vertraut und bekannt. Als wir am Brauhaus von Zillertal Bier vorbeikommen, kann ich mir ein erstes Lachen nicht mehr verkneifen. Wie gerne hab‘ ich doch den Feierabend mit Freunden bei einem Glas dieses herrlichen Biers ausklingen lassen! Und erst die vielen schönen Stunden beim traditionellen Gauderfest, dem größten Trachtenfest Österreichs.
Wer Brauchtum braucht, zurück zu den Wurzeln
In Tux angekommen, spaziere ich zuerst eine Runde durchs Dorf. Es hat sich vieles verändert, aber manches ist auch gleichgeblieben. Viele Gesichter kommen mir bekannt vor, nur die Namen fallen mir nicht sofort ein. Auch ich werde von einigen gemustert. Einen kurzen Gruß und ein Kopfnicken bekomme ich aber von allen, die mir begegnen. Das ist das Schöne am Land, man wird einfach immer gegrüßt, auch wenn man sich nicht kennt.
Am Weiterweg passiere ich das alte Dorfgasthaus. Jeden Sonntag durfte ich mit Papa zum Frühschoppen dorthin. Während die Erwachsenen über die Dorfpolitik diskutierten, bekam ich immer ein großes Skiwasser. Darauf hatte ich mich schon die ganze Woche gefreut. Das Skiwasser kann man natürlich auch im Sommer trinken, seinen Namen verdankt es ja seiner Beliebtheit auf den Skihütten.
Hier bin ich daheim, wo Familie und Freunde sind
Plötzlich klopft mir jemand kräftig auf die Schultern. „Ja hallo, bist du’s wirklich? Wie lange haben wir uns denn nicht gesehen? Was führt dich denn in die Heimat?“ Es ist Stefan, ein alter Schulfreund. Wir waren früher unzertrennlich. Dann ging jeder seiner Wege, und wir verloren uns aus den Augen. Trotzdem kommt es mir eben vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Wir verstehen uns sofort wieder und haben uns viel zu erzählen. Stefan will noch ein paar Kumpels aus unserer damaligen Runde anrufen. Sie sind inzwischen alle wieder zurückgekehrt. Wir vereinbaren, uns abends im KaserMandl zu treffen, wo wir früher schon gerne waren.
Jetzt wird es endlich Zeit meine Familie wiederzusehen. Ich stehe vor dem Haus und blicke noch einmal die Runde. Die Berge mit ihren Gletschern am Gipfel und den Wäldern und blühenden Blumenwiesen weiter unten kommen mir noch beeindruckender vor als früher schon. Warum bin ich eigentlich gegangen? Ich weiß es plötzlich gar nicht mehr so genau, denn hier bin ich daheim und wirklich zuhause.
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Von Redaktion 2017-07-14 in Gschichten.com