Der „Murmlitrail“ in Serfaus – Amüsieren wir uns zu Tode?

Kennt ihr das Buch von Neil Postman mit dem schönen Titel „Wir amüsieren uns zu Tode“? Darin kommt Postman, eher Pessimist als Optimist, zu der These, dass man die Wünsche und Sehnsüchte seiner Nation eigentlich auf den Sehnsuchtsort Las Vegas reduziere könne.

Seine Nation hätte sich völlig dem Entertainment verschrieben. Das alles, und natürlich auch das böse böse Fernsehen, würde die Urteilskraft und die Urteilsbildung der Bürgerinnen und Bürger gefährden, denn diese wollen ja fortan nicht mehr wirklich informiert werden, sich ein wirkliches Urteil bilden, sondern wollen vor allem eines: unterhalten werden. Stichwort: Infotainment.

Mit einer Konsequenz: alles wird irgendwie inhaltsleer und zielt auf Unterhaltung ab und die an sich mündigen Bürgerinnen und Bürger möchten sich primär amüsieren, anstatt sich ein kritisches Urteil zu bilden. In diesem Zusammenhang spricht Postman von der „Infantilisierung der Gesellschaft“. Sprich: Wir Erwachsene werden wieder zu Kindern, die lieber spielen wollen als uns wirklich herausfordernden Inhalten und Themen zu stellen.

Der „Murmlitrail“ in Serfaus – ein Paradies für Kinder?

Jetzt werdet ihr euch sicher fragen. Gut und schön. Klingt auch nett und jetzt hat er uns wieder mal „reingepresst“, dass er studiert hat. Schön für ihn, aber was geht´s uns an? Komm endlich zur Sache, und: Was hat das alles bitte schön mit dem „Murmlitrail“ in Serfaus zu tun? Nun, ich würde sagen: Sehr viel, wenn nicht alles. Also haltet euch fest.

Nun kann jetzt definitiv nicht behauptet werden, dass der „Murmlitrail“ in Serfaus Las Vegas ist. Aber eines ist interessant: Hier wird das eigentliche „Naturerleben“ mit einem Park ersetzt, der die Kinder unterhält. Sie sollen sich amüsieren. Erzählbrunnen, ein sprechender Wurzelmann, ein schlafender Bär, die krächzende Eule Fiona und die Murmlihöhle sind Angebote, damit ganz sicherlich keine Langweile aufkommt. Langeweile, was ist das? Ist das nicht der Zustand, der dem Müßiggang gleicht und in dem man selbst kreativ und aktiv werden müsste?

Dann doch lieber von sprechenden Wurzelmännern und Co. bespaßt und unterhalten werden. Der Hang zum Entertainment und die Vorrangigkeit von Unterhaltung muss schließlich anerzogen werden. Die Kinder werden ja schließlich nervig, wenn ihnen nicht das perfekte Entertainment geboten wird. Und nur Natur ist eigentlich irgendwie langweilig.

Der gute alte Friedrich Schiller hat einmal eine sehr gescheite Aussage getätigt: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Darum geht es. Meine Frage ist in dieser Hinsicht einfach: Lernt der junge Mensch, das Kind, überhaupt nicht das spielen, wenn er ständig unterhalten wird? Dienen solche Angebote wir der „Murmlitrail“ nicht vielleicht eher der Unterhaltung und somit auch der „Zerstreuung“, sprich: der Ablenkung von der eigenen angeborenen Kreativität und Phantasie?

Kinder sagt man ja nach, dass sie bis zu einem gewissen Alter ohnehin so etwas wie ein „animistisches“ Weltbild haben, sprich sie sich z.B., dass Bäume und die Natur um sich herum leben. Da kann dann schon mal ein Baum von sich aus zu sprechen beginnen. Der Phantasie von Kindern sind nicht nur sprichwörtlich keine Grenzen gesetzt. Verlieren Kinder diese Phantasie oder wird diese unterschätzt, wenn alles von „außen“ kommt, sie ständig unterhalten werden? Verlieren sie dann diese inneren Kreativität und diese innere Phantasie?

Ich weiß: Ich schieße ein wenig mit Kanonen auf Spatzen, wenn ich den Murmlitrail in Serfaus in dieser Sache als Beispiel benutze. Disneyland würde sich z.B. wesentlich besser eignen um die These von Postman zu stützen, der ich einiges abgewinnen kann. Denn dort ist die Natur und das authentische Erleben endgültig suspendiert. Beim Murmlitail in Serfaus könnte man ja immerhin noch behaupten, dass die Kinder damit zum Wandern und zum Gehen gebracht werden. Und natürlich auch die Natur rund herum wahrzunehmen beginnen.

Persönlich bin ich ja dafür, dass man das Wandern mit Kindern in freier Natur verbringt, in möglichst unberührter Umgebung. Persönlich glaube ich, dass meine Kinder weder sprechende Wurzelmänner noch einen die Unterhaltung vom „Murmlitrail“ brauchen, weil sie sich selbst unterhalten können und genug Phantasie haben. Persönlich bevorzuge ich einen gemütlichen Aufenthalt in einem guten Hotel in Ladis mit ein paar folgenden, kleinen aber sehr feinen und kindergerechten Wanderungen. Aber das ist nur meine Meinung.

Was meint ihr zu alldem? Ist an meiner Meinung was dran ist oder seht ihr die Sache ganz anders? Ich bin jedenfalls gespannt auf eure Kommentare!

Der „Murmlitrail“ in Serfaus – Amüsieren wir uns zu Tode?
Rate this post

Von in Puint