Blogger in Tirol: Es lebe der Narzissmus!

Worüber schreiben Leute die sich Blogger nennen eigentlich? Ich habe darauf eine eindeutige Antwort: Über sich selbst! Und über nichts anderes als über sich selbst. Und das ist auch gut so. Denn ich wüsste ehrlich gesagt überhaupt nicht, worüber sie sonst schreiben sollten. Das eröffnet natürlich die Frage, ob ich selbst ein Blogger bin. Ja, das bin ich. In genau dem Sinne, dass es in meinen Texten immer nur um mich selbst geht.

Ich gebe zu, dass das jetzt nach einer schweren Form von Narzissmus klingt. Nach der Tatsache, dass man sich selbst beim Lesen in seinen Texten wiedererkennt und sich untersterblich in seine eigenen, schönen Texte und Formulierungen verliebt. Sie immer wieder lesen möchte.

Doch darum geht es nicht. Das zeigt allein schon die Tatsache, dass ich meine eigenen Texte, sobald sie einmal geschrieben und veröffentlicht worden sind, nicht mehr lese. Ja mich sogar manchmal ein wenig schäme, wenn mir jemand Auszüge daraus als Zitat um die Ohren haut. Im Moment des Schreibens kommt mir einiges richtig vor, wenige Tage später ist diese angestrebte Wahrhaftigkeit nur noch schal und fade.

Wie schaut ein guter Blog-Beitrag aus?

Ich möchte es so sagen: In aus meiner Sicht guten Blog-Texten kann ich die Person des Bloggers erkennen. Nicht Meinungen, Positionen und Haltungen stehen zur Debatte, sondern die Person des Bloggers selbst. Der Blogger (oder natürlich die Bloggerin) hat sich über die Jahre Wissen angeeignet, bestimmte Bücher gelesen, bestimmte Kunstwerke rezipiert. Das alles macht die Person im Hier und Jetzt des Schreibens aus. Die Person des Bloggers, das „Ich“, schreibt die Texte. Auch wenn im Text kein einziges Mal das Wort „Ich“ fällt, ist die Person mehr oder weniger stark in einen Text eingeschrieben.

Ich präferiere Texte, in denen die Person des Bloggers besonders stark eingeschrieben ist. Texte, in denen die Sprechposition klar definiert wird: Ich. Es geht um mich. Um meine Meinung, meine Haltung, meine Art und Weise, wie ich die Welt wahrnehme und wie ich die mich umgebenen Phänomene ordne oder zu beschreiben versuche.

Im Gegensatz zu meinen Schreiberkollegen Felix Kozubek, der in seinem Text von  „Verantwortung“ spricht, glaube ich nicht, dass es beim Bloggen um solche Kategorien gehen sollte. Es geht, man verzeihe mir diesen etwas pathetischen Ausdruck, um Wahrhaftigkeit. Es geht darum sich die eigene, radikale Subjektivität in jedem Augenblick bewusst zu machen und die eigene Subjektivität immer wieder am beschriebenen Objekt sichtbar zu machen.

Schreiben ist leicht geworden. Es braucht im Grunde nur noch Internet und Laptop. Umso wichtiger ist es, dass Schreibende ihre eigene Stimme finden.
Schreiben ist leicht geworden. Es braucht im Grunde nur noch Internet und Laptop. Umso wichtiger ist es, dass Schreibende ihre eigene Stimme finden.

Es gibt da draußen zwar ein „Ding an sich“, ein zu beschreibendes Phänomen, das über gewisse Diskursstränge und Wahrheiten verfügt. Ich kann mich dem objektiven Faktum der Existenz aber nur subjektiv und mit meinem kulturellen Wissen annähern. Wer vorgibt, das „Ding an sich“ zu beschreiben, der lügt oder ist zumindest zu feige, die eigene Subjektivität offen zu legen. Objektivität ist wie ein Schutz, der die eigene Person und die eigene verletzliche Position zu verschleiern versucht.

Was heißt das für die Praxis der Blogger in Tirol? Ich glaube folgendes: Blogger in Tirol und natürlich in Österreich und darüber hinaus müssen sich der Verletzlichkeit der eigenen Position bewusst sein. Dennoch geht es darum, sich zu positionieren, Klartext zu sprechen. Es ist egal, ob ich mich mit touristischen Themen beschäftige, mit Hotels oder mit Kultur. Ich muss immer auf der Suche nach Wahrhaftigkeit sein, nach Authentizität.

Was verkaufen Blogger und Bloggerinnen eigentlich? Die schöne Oberfläche, auf die sich alles projizieren lässt? Ich glaube: Vor allem sich und ihren ureigenen Stil und Zugang zu Themen.
Was verkaufen Blogger und Bloggerinnen eigentlich? Die schöne Oberfläche, auf die sich alles projizieren lässt? Ich glaube: Vor allem sich und ihren ureigenen Stil und Zugang zu Themen.

Das alles sind aber nicht nur kulturelle, ästhetische oder intellektuelle Kategorien, sondern es sind Kategorien, die sich in Zukunft durchsetzen werden. Nicht nur im Bereich von eventuellen Online-Feuilletons, sondern auch im wirtschaftlichen Kontext.

Ich bin überzeugt, dass die Blogger für Unternehmen interessanter sein werden, die authentisch und mit ganz viel Person und Persönlichkeit schreiben. Die Zeit der leeren Hüllen und der puren Oberfläche sind vorbei. Ich könnte ein Beispiel einer Bloggerin in Tirol nennen, die eine solche leere Hülle ist. Ich nenne aber keine Namen. Bei ihr wird jedenfalls sichtbar, dass sie beliebig für jedes Produkt werben könnte. Dabei wird aber keine Persönlichkeit, keine Kontur, keine Haltung zum Produkt sichtbar.

Die Zeit des kritischen, persönlichen Schreibens ist für mich schon längst angebrochen. Leute wollen kritische Stimmen hören, keine gekauften Stimmen. Sie wollen wissen, dass es Blogger gibt, die zu jedwedem Thema ihren ureigenen Zugang und Stil finden.

Darum geht es. Nicht um Moral oder Verantwortung. Ich gönne es jedem, der mit seinem ganz eigenen Stil und seinem eigenen Zugang Geld verdient. In dieser Hinsicht kenne ich keine Moral. Ein schlechter Blogtext ist ein schlechter Blogtext und ein guter eben ein guter. Diese Kategorien sind für mich entscheidend.

Nennt mich naiv, aber: Ich denke, dass sich auf Dauer die guten Texte mit ganz viel Person und Persönlichkeit besser „verkaufen“ lassen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit. Ich kann warten. Und meine Meinung weiterhin kundtun und meine Person weiterhin offen legen.

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Von in Gschichten.com