Von Minderheiten und Ortstafeln – Kärntens Vielfalt

Sprache und Kultur in der wir sozialisiert werden prägen uns ein Leben lang. Sie sind die ersten Güter, die wir von unseren Eltern mitbekommen. Es schafft Identität und Gemeinschaft. Für viele ist ihre Muttersprache und ihre Kultur klar im Einklang mit ihrer Umwelt. Für manche jedoch, ist ihre Muttersprache und kulturelle Identität ein Widerspruch zu ihrer Umwelt. Dass aber selbst autochthone Minderheiten in Österreich anscheinend nicht zur Ruhe kommen dürfen und ihre Rechte umgesetzt wissen, sieht man an den immer wieder aufflammenden Konflikten der Kärntner Slowenen.n

Eine Kultur, die immer schon da war, aber als fremd bezeichnet wird

Slawische Volksgruppen besiedelten schon im 6.Jahrhundert im Zuge der Völkerwanderung das heutige Kärnten. Bald erstreckte sich dieses Staatsgebilde von der Donau, bis zur Quelle der Drau und der pannonischen Tiefebene. Zentrum war dabei immer  Kärnten. Karantanien, wie es damals genannt wurde, wurde später durch die Bajuwaren kolonialisiert und dabei bildete sich eine deutsch-slowenische Sprachgrenze, welche vom 15.bis zum 19.Jahrhundert nahezu gleich blieb.

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Der aufkommende Nationalismus als Wendepunkt

Durch die Vielvölkermonarchie der Habsburger lebten in dem Reich mehrere Sprachgruppen meist konfliktfrei nebeneinander. Erst durch den aufkommenden Nationalismus Mitte des 19.Jahrhunderts wurde die sprachliche Identität zu einem Problempunkt. Im Kronland Kärnten besiedelten die slowenischen Bürger den süd- östlichen Teil. Hier waren die landwirtschaftlichen Höfe kleiner und waren alleine nicht überlebensfähig. In den Hochburgen der Elite, hier vor allem Klagenfurt und andere größere Städte und Märkte war die deutsche Sprache vorherrschend. Durch die ökonomische Besserstellung der deutschen Gebiete wurde die deutsche Sprache und Kultur zu einer politischen Vormachtstellung. Dies sollte sich auch in den nächsten Jahrzehnten nicht ändern.

Schulen waren auch schon damals ein wichtiger Schmelztiegel der Kulturen und wurden so auch schnell zum Konfliktfeld. Gelang es nach der bürgerlichen Märzrevolution 1848 annähernd allen Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen, wurde die Sprache hierbei in Kronländern wie Kärnten und Burgenland ein Problem. Jedes Kind musste in seiner Muttersprache unterrichtet werden. Durch die bereits oben erwähnte Vormachtstellung der deutschen Elite, fehlte es aber an geeigneten Lehrern, welche auch die slowenisch sprachigen Kinder unterrichten konnten. Durch eine Gesetzesnovellierung 1869, konnten die Schulerhalter selbst die Unterrichtssprache bestimmen. Dies fiel jedoch nicht zu Gunsten der Minderheit aus. Die Folge daraus war, dass es zu einer starken Analphabetisierungsrate bei den slowenischen Kindern kam, welche wiederum zu einer ökonomischen Schwächung der Volksgruppe beitrug.

Der erste Weltkrieg und seine Folgen

Im ersten Weltkrieg wurden Menschen, die sich als slowenisch bezeichneten verfolgt und verhaftet. Diese bewusste Identifizierung mit der eigenen Kultur genügte, um wegen Hochverrats angezeigt zu werden. Nach dem Ende des Krieges wurden die Grenzen Österreichs durch den Vertrag von St. Germain neu gezogen. Die Kärntner Slowenen sollten selbst bestimmen, ob sie bei der neuentstandenen Republik Österreich bleiben wollen. Am 10.10.1920 wurde hierzu eine Volksbefragung durchgeführt. Das Ergebnis war, dass 59% für einen Verbleib bei Österreich stimmten. Warum? Im Vorfeld der Volksbefragung wurde eine regelrechte Propagandaschlacht ins Leben gerufen. Es wurde versprochen, dass die Rechte der Slowenen gewahrt und gestärkt werden würden. Im Staatsvertrag selbst wurde verankert, dass eine völlige Gleichstellung garantiert wird und das Recht auf die Verwendung und Pflege der Muttersprachen gefördert wird. Wie sich später herausstellte wurden diese Versprechungen nicht gehalten. Slowenische Gruppierungen und kulturelle Vereine wurden zensiert, ihre Veranstaltungen gestört und die Förderungen bleiben aus. Die slowenischen Bürger wurden in „deutschfreundlich“ und „jugoslawisch-orientiert“ unterschieden und slowenisch-bewusste Eliten wurden versetzt oder verhaftet. Durch diese Repression, ging bei der Volkszählung 1923, die Zahl der Slowenen stark zurück.

Auch während der NS Zeit wurden die Kärntner Slowenen ebenfalls verfolgt und enteignet. Sie wurde zuerst nach Klagefurt und später nach Deutschland deportiert. Das Vermögen der Einzelnen und der Vereine wurde beschlagnahmt und ihr Grund an deutschsprachige aus Slowenien vergeben.

Der Staatsvertrag 1955 und erneute leere Versprechungen

Im Artikel 7 wurden die Rechte der Minderheiten in Österreich geregelt. Dazu gehören zweisprachige topographische Aufschriften, Slowenisch als zweite Amtssprache, Schulunterricht in der Muttersprache und das Recht auf eigene Organisationen.

Doch erst 17 Jahre nach Unterzeichnung des Staatsvertrages wurden Schritte wie zweisprachige Ortstafeln vom damaligen Landeshauptmann Sima initiiert. Dies löste aber einen „Ortstafelsturm“ in Kärnten aus. Die Gendarmerie und Polizei konnte nur zusehen, wie über 200 Ortstafeln abgerissen wurden.

Dass sich dieser Konflikt bis 2011 zog, dürfte allen bekannt sein. Doch interessant ist dabei, dass nachdem man sich ein wenig mit der slowenischen Minderheit in Österreich beschäftigt hat, es kein neuer Konflikt ist, sondern sich schon seit Jahrhunderten immer wieder entlädt. Dabei wird vergessen, dass andere Kulturen unsere Gesellschaft bereichern und durch verschiedene Organisationen und Vereine einen Mehrwert für alle darstellen.

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