Sommer am Sparkassenplatz –Kultur oder Zwangsbespaßung

Tanzsommer. Festwochen der alten Musik. Die Ambraser Schlosskonzerte. Die Sommerkonzerte im Treibhaus. Und von mir aus auch noch das New Orleans Festival. Alles Events, die zum Ruf von Innsbruck beitragen auch im Sommer kulturell gesehen lebendig zu sein. In Sachen Qualität wird im Sommer in Innsbruck nicht gekleckert, sondern geklotzt. Gut so. Doch wer bitte braucht da noch den Sommer am Sparkassenplatz, der „mehr Platz für alle“ verspricht? Ich sicher nicht. Und hoffentlich viele andere auch nicht.

Eine entscheidende Frage, die eigentlich gar nicht klar beantwortet werden kann: Was ist das eigentlich, diese Kultur? Ist das etwas Elitäres, das nur eine kleine Minderheit versteht? Ist das eine Form Veranstaltung, die so hochpreisig ist, dass eine gewisse Schicht von Menschen von vornherein schon ausgeschlossen wird? Ist das nicht das, das auf gewissen Sendern läuft und irgendwie weniger unterhaltsam ist als Sport? Oder ist Kultur gar für alle da, wie es der Sparkassenplatz in Innsbruck propagiert? Ja und nein. Und alles zugleich. Aber diese komplizierten Fragestellungen ohne genaue Definitionen gleich mal so beiläufig zu beantworten, das führt eigentlich immer ins kulturelle Unglück.

Was bitte ist Kultur? Sicher nicht das was am Sparkassenplatz präsentiert wird

Dabei kommt dann nichts heraus außer ein amorpher Brei, der alle bedienen will, zugleich aber in Sachen Anspruch und Qualität ganz unten ansetzen muss. Falsch verstandene Demokratisierung ist (fast) immer ein Problem. Ja, Kultur ist für alle da. Aber Kultur ist auch Arbeit und muss hin und wieder vom Rezipienten erarbeitet werden. Kultur ist nicht immer sofort verständlich. Und muss es auch nicht sein. Eine Veranstaltung die versucht, das zu leugnen, ist auf dem Holzweg. Kultur ist notwendigerweise widersprüchlich. Unendlich komplex und watscheneinfach zugleich.

Kultur hat auch etwas mit sozialer Prägung zu tun. Und man kann sich fragen, ob wir auch wirklich mögen, was wir mögen. Oder ob wir etwas nur mögen weil wir uns einer gewissen Bildungsschicht zugehörig fühlen oder fühlen wollen. Kultur verwirrt und ist ein sinnlich übersinnliches Phänomen, das so leicht nicht gefasst und erfasst werden kann. Trotzdem versuchen es immer wieder einige und scheitern damit kläglich. Und merken gar nicht, dass sie scheitern. Was eigentlich das Schlimmste ist.

Ein besonders übles Beispiel findet Jahr für Jahr in Innsbruck statt. Der Sommer am Sparkassenplatz erhebt den Anspruch, „mehr Platz für alle“ anzubieten. Was wiederum die Frage aufwirft, wer diese alle sein sollen. Implizit ist hier ein nivellierter und banalisierter Kulturbegriff im Spiel, der eigentlich Bespaßung meint. Alle Menschen sollen Spaß haben und dabei vielleicht auch noch ein bisschen Kultur konsumieren, die aber bitte schön ja nicht zu schwierig und zu anspruchsvoll daherkommen soll. Kultur für alle, sonst gibt´s Krawalle, sozusagen. Obwohl diese vermutlich ohnehin ausbleiben, weil Kultur ja kaum mehr politisch aufgeladen ist, sondern eher den Soundtrack zu dem einen oder anderen Kaltgetränk bieten muss.

Wer will schon Kultur, bei dem einen das überteuerte Bierchen nicht gut die Kehle hinunter rinnt? Und wer will schon Kultur, bei dem einen das Würstl vom nahen Würstelstand im Hals stecken bleibt? Richtig: Wohl nur die, die an Kultur als subversives, komplexe und oft widersprüchliches Phänomen glauben. Solche Leute soll es geben. Und solche Leuten machen bitte im Sommer dann einen großen Bogen um den Sparkassenplatz. Und überlassen den Platz der undefinierten Masse, hier auch „alle“ genannt wird.

Erstaunlich jedenfalls, dass dieser Begriff auch und nicht zu knapp Ausschlüsse verursacht. Ganz einfach weil ich der Meinung bin, dass eigentlich alle, die sich für Kunst und Kultur interessieren, den Sparkassenplatz im Sommer meiden sollten. Jetzt steht also Wort gegen Wort: Der Sparkassenplatz vs. meiner Meinung. Wer hat Recht? Und was ist Kultur jetzt bitte schön wirklich?

Schauen wir uns doch mal genauer an, was da in diesem Sommer so vorgeht am Sparkassenplatz. Und stellen lobend und ein wenig erleichtert voran, dass der Sommer am Sparkassenplatz dieses Jahr kürzer als letztes Jahr ausfallen wird und somit die Zeit verkürzt wird in der man den Sparkassenplatz meiden sollte. Beginnen wird alles am 13.06. und dauern wird es bis 13.07.

König Fußball oder: Wo bleibt der Mut eigene Akzente zu setzen? 

Dieses Jahr steht alles, no na, im Zeichen des Fußball. Garniert wird das alles dann mit ein bisschen Kino und ein paar Konzerte. Alles ganz nett, aber eigentlich nicht der Rede wert. Wer mag kann ein wenig im Programm blättern. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die eine oder andere Veranstaltung für jemanden dabei ist, die er oder sie interessant findet. So weit so gut. Was aber hier aber ganz deutlich sichtbar wird: Man traut sich nicht Akzente zu setzen. Sondern geht im Massengeschmack und in den vermeintlichen Wünschen einer breiten Masse auf. Das Ö3-Syndrom.

Die Frage dabei ist: Ist es schon Kultur, wenn man das macht von dem man glaubt, dass es möglichst vielen Menschen gefällt? Oder beginnt Kultur an der Stelle, wo es ein paar Aspekte gibt, die widerständig, verstörend und irritierend sind? Vielleicht ist das alles aber auch ein großes Missverständnis. Und es geht hier gar nicht um Kunst und Kultur und die Musik und die Veranstaltungen beim Sommer am Sparkassenplatz stehen in einer völlig anderen Funktion.

Aber in welcher? Als Anhängsel einer Innsbrucker Bank, die ein bisschen was an Kultur, ein bisschen was an Kino und sonst noch was seinen Kunden und potentiellen Kunden anbieten will, sozusagen als Zuckerl, weil sie schon ein Konto bei dieser Bank haben oder in Zukunft noch eines haben werden. Sozusagen als kleines Danke für den wunderbaren Sommer am Sparkassenplatz. Eine Verkaufsveranstaltung. Eine Art Butterfahrt, bei der die Kultur nur eine Hintergrundbeschallung ist damit die Menschen kaufselig und gefügig gemacht werden.

Wenn das so ist, dann nehme ich meine Kritik an dem Kulturbegriff beim Sommer am Sparkassenplatz gerne zurück. Aber dann sollte das auch so kommuniziert werden. Und nicht so getan werden, als ob sich der Sommer beim Sommer am Sparkassenplatz in einen Ort der Vielfalt und in einen Ort für alle verwandelt. Denn das stimmt einfach nicht. Vielmehr wird er zu einem Ort der einfallslosen und provinziellen Kulturpolitik, in welcher der kommerziellen Aspekt weit über dem künstlichen Anspruch steht und dieser künstlerische Anspruch eigentlich gar nicht mehr vorhanden ist.

Der Sparkassenplatz bietet nicht viel mehr, mit Verlaub, als leichte Kost für die Massen. Kultur, die nicht satt macht, sondern bei der man aus kultureller Sicht auf Dauer verhungert oder abstumpft. Und dann vielleicht in Zukunft, sagen wir mal nächstes Jahr, alles bejubelt und unkritisch abnickt, was von der Stadt Innsbruck und der Sparkasse Innsbruck so alles als Kultur und als demokratischer Kunstgenuss verkauft wird. Die Frage zum Abschluss: Ist das noch Kultur oder ist das schon Zwangsbespaßung einer nach Spaß und seichter Unterhaltung süchtigen Masse?

Was meint ihr dazu, liebe Leserinnen und Leser? Der Sommer am Sparkassenplatz: Einfach wunderbar (endlich Kultur für alle!) oder doch eher etwas, das es in dieser Form gar nicht braucht? Ich bin auf Rückmeldungen und Kommentare gespannt!

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Von in Gschichten.com